# taz.de -- Nach Nobelpreis für chinesischen Dissidenten: Ehefrau unter Hausarrest
       
       > Nach der Auszeichnung des Dissidenten Liu mit dem Friedensnobelpreis hat
       > China ein Treffen mit einer norwegischen Ministerin abgesagt - und
       > wettert gegen den Westen.
       
 (IMG) Bild: Nobelpreisfeiern: Aktivisten mit Masken von Liu Xiaobo in Hong Kong.
       
       Liu Xia, die Ehefrau des mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten
       Publizisten Liu Xiaobo, wird von den chinesischen Behörden weiter unter
       Druck gesetzt. Sie ist weitestgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Die
       einzigen Lebenszeichen kommen von ihrem Twitter-Account und aus dem Chat
       mit befreundeten Aktivisten. "Ich weiß nicht, wann ich euch sehen kann",
       schrieb Liu Xia am späten Sonntagabend an Freunde und Bekannte. Ihren Mann
       hatte sie am Sonntag im Gefängnis in Jinzhou treffen können. Ihr Telefon
       sei kaputt, sie könne nicht telefonieren. "Bitte verbreitet das weiter",
       lautet das Ende des Beitrags. Es klingt wie ein Hilferuf.
       
       Chinas Regierung ist wütend über die breite internationale Unterstützung
       für die Preisvergabe an den als "Anstifter zum Staatsumsturz" zu elf Jahren
       Haft verurteilten Liu. Die lobenden Medienberichte über Liu Xiaobo sieht
       Peking als Provokation ihrer Herrschaft. Konkrete Maßnahmen ergriff die
       Regierung am Montag auch auf diplomatischer Ebene: Ein für Mittwoch
       anberaumtes Treffen mit der norwegischen Fischereiministerin Lisbeth
       Berg-Hansen sei abgesagt worden, teilte die Osloer Botschaft mit.
       Berg-Hansen sollte ursprünglich den zehnmillionsten seit 1988 nach China
       importierten norwegischen Lachs präsentierten. Bereits am Freitag war der
       Botschafter Norwegens ins chinesische Außenministerium einbestellt worden.
       Das Nobelpreiskomitee hat seinen Sitz in Oslo.
       
       Mit der Abschottung von Lius Ehefrau will Peking verhindern, dass
       chinesische Aktivisten und ausländische Medien den Friedensnobelpreis
       weiterhin zum Thema machen. Freunde und Bekannte der 49-jährigen Dichterin
       teilten mit, sie habe noch keine neue Handynummer, ihre alte funktioniert
       nicht mehr. Journalisten wird der Zutritt zu ihrem Wohnviertel weiterhin
       von Zivilpolizisten verwehrt. Der Publizist Mo Zhixu schrieb auf Twitter,
       Liu Xia habe ihren Mann am Sonntag eine Stunde sehen können. Er habe ihr
       gesagt, der Preis sei für alle, die ihr Leben mit einem Geist der
       Gewaltlosigkeit für Frieden, Demokratie und Freiheit geopfert haben.
       Beteiligte der Protestbewegung vom 4. Juni 1989 interpretieren dies als
       Bezug auf die Opfer des damaligen Massakers, bei dem rund 2.600 Zivilisten
       zu Tode gekommen waren. Liu Xiaobo hatte damals als Philosophiedozent der
       pädagogischen Hochschule in Peking mit dem Militär über den Abzug der
       verbleibenden Studierenden verhandelt.
       
       Hatten Chinas Propagandastellen den staatlichen Medien zunächst Schweigen
       verordnet, verbreitet die Regierung nun ihre eigene Sicht der Dinge. Der
       Friedensnobelpreis sei zu einem politischen Instrument westlicher
       Interessen geworden, schreibt ein Kommentator der parteinahen
       "Volkszeitung" in der chinesischen Ausgabe der Global Times am Montag.
       Ausgerechnet der Dalai Lama, ein "Separatist", und nun Liu Xiaobo, ein
       "politischer Verwestlicher", hätten als einzige Chinesen den
       Friedensnobelpreis erhalten. "Dies ist ein Ausdruck der Respektlosigkeit
       gegenüber der Mehrheit der chinesischen Bevölkerung und eine Arroganz des
       westlichen Bewusstseins gegenüber Chinesen", klagte der Kommentator.
       
       Aber Chinas Propagandabehörden können es auch eleganter: Sie nutzen
       ausländische Medien. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua ließ eine
       Meldung der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass verbreiten. Der Tenor:
       An den Herren Sacharow und Gorbatschow habe man ja schon gesehen, dass die
       Vergabe des Friedensnobelpreises politisch motiviert sei. Und die
       staatliche Nachrichtenagentur Zhongguo Xinwenwang hat den Kommentar eines
       französischen Journalisten aufgetrieben. Seine These: Der Westen wolle mit
       der Vergabe des Nobelpreises nur die Demokratisierung Chinas vorantreiben.
       
       11 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristin Kupfer
       
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