# taz.de -- Kommentar EU zu "Stuttgart 21": Falscher Zug aus Brüssel
       
       > Die EU-Kommission bezieht Position im Streit um "Stuttgart 21" - für das
       > Projekt. Das könnte das Protestgefühl der GegnerInnen noch verstärken.
       
 (IMG) Bild: Kann von Stuttgart 21 nicht abrücken: Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus.
       
       Die EU-Kommission mischt sich ein in den Debatte um Stuttgart 21 und
       ergreift klar Partei für die Befürworter des Projekts. Anders lässt sich
       die Aussage von Verkehrskommissar Siim Kallas nicht interpretieren.
       "Allergrößten Wert" lege man auf den Bau der Zug-Magistrale von Paris nach
       Bratislava - und dazu gehöre Stuttgart 21.
       
       Das sagt Kallas auf der Höhe der Debatte, mitten in die
       Schlichtungsgespräche hinein; und wenn der Mann politisch nicht gänzlich
       naiv ist, weiß er um die Wirkung. Die Stuttgarter, so lautet die
       argumentative Vorlage, sind Antieuropäer, wenn sie sich gegen den Bahnhof
       wehren.
       
       Es ist die nächste Ebene im Machtspiel. Erst sagt Stefan Mappus, Stuttgart
       21 sei für Baden-Württemberg unabdingbar, dann zoomt Angela Merkel die
       Notwendigkeit auf Deutschland hinauf und nun also die EU. Das Fatale daran:
       Die BürgerInnen, die sich gegen das Projekt wenden, wehren sich auch gegen
       von oben diktierte Großprojekte. Genau das Gefühl verstärkt Kallas: Hier
       sind höhere Ziele im Spiel, also gehorcht gefälligst.
       
       Dabei geht es um mehr als um Emotionen. Eben wegen der Taktik, oben zu
       entscheiden und unten die BürgerInnen das Ergebnis fressen zu lassen,
       stocken überall in der EU Infrastrukturprojekte. Einige sind dringend
       notwendig, etwa der Ausbau der grenzüberschreitenden Stromnetze, um den
       Kontinent mit regenerativen Energien zu versorgen.
       
       Der Umbau kann nur schnell genug gelingen, wenn die Menschen vor Ort
       mitentscheiden können. Das ist in Stuttgart all die Jahre versäumt worden.
       
       Wenn sich Kallas jetzt plump in eine Debatte einmischt, die genau diese
       Fehler korrigieren will, dann zeigt das vor allem eins: In Brüssel mangelt
       es an Gespür und Konzepten, wie der Umbau des Kontinents mit den
       BürgerInnen und nicht an ihnen vorbei geschehen kann.
       
       15 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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