# taz.de -- Duell Schalke gegen Stuttgart: Das verbotene Wort mit A
       
       > Der VfB Stuttgart hat den Abstiegskampf längst akzeptiert, Schalke 04
       > träumt aber weiter von einer besseren Zukunft - durch ein 2:2 im direkten
       > Duell bleiben beide im Keller.
       
 (IMG) Bild: Schalkes Neuzugang Klaas-Jan Huntelaar (l.) im Duell mit Stuttgarts Georg Niedermeier.
       
       Die Beliebtheitswerte des Ex-Dortmunders Christoph Metzelder auf Schalke
       sind, und das ist noch eine freundliche Umschreibung, bescheiden. Doch
       eines können sie ihrem Innenverteidiger gewiss nicht vorwerfen:
       Mutlosigkeit. Während die meisten Schalker immer noch in den Fantasien von
       einer wunderbaren Zukunft schwelgen, ist Metzelder nach dem 2:2 gegen den
       VfB Stuttgart in der Realität angekommen. Er ist der erste Schalker, der es
       wagte, das Wort "Abstiegskampf" auszusprechen. Diese Situation fordere
       "Respekt", es gehe "jetzt nicht mehr um Fernziele". Metzelder kennt die
       furchtbare Zerstörungskraft, die der Strudel des Tabellenkellers entwickeln
       kann. "Uns fehlen Leichtigkeit und Souveränität", stellte er fest. Da
       brauche man "jetzt nicht daran zu denken, eine Aufholjagd zu starten".
       
       Es waren dramatische Worte des Verteidigers, die sich auch an Felix Magath
       richteten. Denn der Trainer gehört zur großen Fraktion jener Schalker, die
       die Tabelle ausblenden. "Gerade zu Beginn der zweiten Halbzeit haben wir
       sehr guten Fußball gespielt, auf die gezeigte Leistung müssen wir in den
       kommenden Partien aufbauen", sagte Magath und lobte die "Moral" seines
       Teams, das zweimal ausgeglichen hatte. Magath ist auch nach dem verpassten
       Sieg gegen den Tabellenletzten fokussiert auf sein sportliches Projekt, das
       eine ähnliche Komplexität hat wie der Bahnhofsbau von Stuttgart. Bisher
       jedenfalls ist es noch niemandem gelungen, Schalke 04 mit einer neuen
       Spielkultur auszustatten. Und genau das hat Magath vor.
       
       Am erfolgreichsten sind Schalker Mannschaften traditionell, wenn sie
       willensstärker, physisch kräftiger und defensiv besser organisiert sind als
       ihre Gegner. Huub Stevens gewann so den Uefa-Cup, selbst in den guten
       Zeiten unter Ralf Rangnick dominierten diese Elemente, und Mirko Slomka
       wurde 2008 entlassen, weil das Team nicht schön genug spielte. Danach
       sollte der Holländer Fred Rutten modernen Kombinationsfußball nach
       Gelsenkirchen bringen und scheiterte kläglich. Magath war schlau genug,
       Schalke in seinem ersten Jahr der Tradition gemäß spielen zu lassen. Erst
       im Sommer wagte er den Umbau, und wieder stürzte der Klub ab.
       
       Tatsächlich erinnerte das 2:2 gegen den VfB an die Rutten-Tage. Damals
       verpasste Schalke den Europapokal und geriet in dramatische finanzielle
       Nöte, ein ähnliches Szenario droht auch jetzt. Wie unter Rutten spielt
       Schalke an den besseren Tagen beinahe gut. Aber eben nur beinahe. Der
       Samstag war einer dieser besseren Tage, Raúl hatte viele Ballkontakte und
       einige gute Ideen, José Manuel Jurado machte sein bestes Spiel für Schalke,
       dank des Spaniers kombiniert die Mannschaft mittlerweile gekonnt um den
       gegnerischen Strafraum herum. Und zwei Tore haben sie ja auch geschossen.
       Aber eben auch zwei Gegentore bekommen.
       
       Die Außenverteidiger Atsuto Uchida und Lukas Schmitz hatten wieder einmal
       enorme Probleme beim Abwehrspiel, das nutzten die Stuttgarter geschickt
       aus. Sogar einen dritten regulären Treffer erzielte der Gast, doch die
       Schiedsrichter wollten in der 26. Minute eine Abseitsstellung erkannt
       haben. "Das konnte man mit bloßem Auge sehen, ich frage mich langsam, ob
       die Assistenten das Spiel leiten", fluchte Stuttgarts Sportdirektor Fredi
       Bobic, der ansonsten sehr zufrieden war mit dem Nachmittag. Die
       Trainerentlassung hat die erhoffte Wirkung gezeigt, "das war gut, so spielt
       man Bundesliga", sagte er.
       
       Für Jens Keller geht das Abenteuer also erst mal weiter, der
       Interimstrainer kämpft verbissen. Wenn er in den kommenden Wochen Erfolg
       hat, dann könnte er sich als Bundesligatrainer etablieren. "Er hat jetzt
       eine Riesenchance, und man merkt, dass er diese Chance unbedingt packen
       will", sagt sein Stürmer Martin Harnik, allerdings sondiert die Klubführung
       parallel den Markt für Übungsleiter. "Ich kann mir über meine Zukunft keine
       Gedanken machen; wenn die Ergebnisse kommen, ergibt sich das von selbst",
       sagte der gebürtige Stuttgarter Keller. Die Freude an der großen
       Bundesligabühne war ihm deutlich anzumerken, und das hat der Mannschaft
       gutgetan. In der Tabelle stehen die Stuttgarter zwar weiterhin am Ende,
       doch nach diesem kleinen Erfolg entstand der Eindruck, dass der VfB dem FC
       Schalke ein Stück voraus ist. Denn die Schwaben sind längst mittendrin im
       Abstiegskampf, während von den Schalkern erst ein einziger Spieler auf dem
       Boden der Tatsachen angekommen ist.
       
       17 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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