# taz.de -- Kommentar Protest in Frankreich: Mit dem Rücken zur Wand
       
       > Die Staatsführung will trotz anhaltender Massenproteste über nichts mehr
       > verhandeln und bringt damit vor allem die Gewerkschaften CFDT und CGT in
       > Zugzwang.
       
 (IMG) Bild: "Generalstreik" kündigt das Transparent dieser Demonstranten in Lille am Dienstag an.
       
       Tous ensemble, tous ensemble - grève générale!" Das ist heute der
       populärste Slogan bei den Demonstrationen gegen den Rentenklau in
       Frankreich. "Alle zusammen" und vereint sind sie noch, wie der Sprechchor
       es wünscht. Doch vor einem Generalstreik, der zu einer politischen
       Kraftprobe auf der Straße werden kann, schrecken die meisten
       Gewerkschaftsführer noch zurück. Die Staatsführung, die trotz anhaltender
       Massenproteste schlicht über nichts mehr verhandeln will, bringt sie aber
       in Zugzwang.
       
       Vor allem der sonst so gemäßigte CFDT-Gewerkschaftsboss François Chérèque
       ist wütend, weil er jetzt mit dem Rücken zur Wand steht. Er macht bereits
       die Regierung für eine Eskalation verantwortlich, die er so nicht gewollt
       hat. Zusammen mit seinem Kollegen von der CGT, Bernard Thibault, hatte er
       der Staatsführung die Hand zu einem Deal ausgestreckt. Die CGT und die CFDT
       haben von Beginn an nicht einen Rückzug der Vorlage verlangt, sondern nur
       Verhandlungen über Konzessionen. Die unnachgiebige Haltung von Präsident
       Sarkozy, der in Thatcher-Manier mit einem historischen Sieg über die
       Arbeiterbewegung jeden weiteren Widerstand gegen den Sozialabbau brechen
       möchte, hat die gesprächsbereiten Gewerkschafter vor ihrer Basis
       desavouiert.
       
       Um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren, müssen nun Chérèque, Thibault
       und Kollegen mitziehen und in diesem Konflikt aufs Ganze gehen. Über die
       Frage, wie weit sie dabei gehen können und wollen, sind sie nicht mehr
       einig. Die Gegenseite, die mit dem Einsatz der Armee als Streikbrecher
       droht, lässt ihnen allerdings zwischen Kapitulation oder Eskalation keine
       große Wahl. So oder so wird der Rentenstreit, und womöglich die Zukunft des
       französischen Sozialmodells, längst nicht mehr im Parlament, sondern auf
       der Straße entschieden.
       
       18 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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