# taz.de -- Folgenreicher Richterspruch: EU-Urteil kassiert digitale Abgabe
> Urheberrechtsabgaben auf Vervielfältigungsgeräte sind teilweise
> unrechtmäßig, urteilte nun der Gerichtshof der Europäischen Union.
> Vorausgegangen war ein Rechtsstreit in Spanien.
(IMG) Bild: Kleine Geräte, großer Rechtsstreit: MP3-Player.
Ein in Spanien begonnener Rechtsstreit kann große Auswirkungen auf Teile
des europäischen Urheberrechts haben. Am Donnerstag – nach mehr als zwei
Jahren Rechtsweg - erklärte der Gerichtshof der Europäischen Union die in
vielen Ländern Europas erhobenen Urheberrechtsabgaben auf digitale
Vervielfältigungsgeräte in ihrer derzeitigen Form für teilweise illegal.
Der Gerichtshof gab damit den Klägern teilweise recht. Geklagt hatte der
kleine [1][Informatikladen Traxtore] unweit der Universität von Barcelona
gegen den mächtigen spanischen [2][Autoren- und Verlegerverband (SGAE)].
Die gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben an die SGAE auf Material, das für
digitale Privatkopien verwendet werden kann, sei nicht rechtmäßig, so die
Klage. Schließlich enthalten nicht alle Kopien urheberrechtlich geschützte
Werke Dritter, lautete die Begründung.
„Die unterschiedslose Anwendung der Abgabe für Privatkopien auf Anlagen,
Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung, die nicht privaten
Nutzern überlassen werden und eindeutig anderen Verwendungen als der
Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind“, sei mit den entsprechenden
europäischen Richtlinien nicht vereinbar, heißt es im [3][Urteil].
„Ich kann es immer noch nicht glauben“, erklärte am Donnerstag eine der
Besitzerinnen des Traxtores, Ana María Méndez. Für sie ging es bei der
Klage schlicht ums Überleben ihres Geschäftes. Die SGAE hatte ihr vor mehr
als zwei Jahren eine Rechnung über 48.000 Euro zugestellt. Es handelte sich
um die Abgaben für CD- und DvD-Rohlinge, Aufnahmegeräte, CD-Brenner,
MP3-Player sowie USB-Sticks und externe Festplatten, die bei ihr über die
Theke gegangen waren. Nach längeren Verhandlungen senkte der Autoren- und
Verlegerverband den Betrag auf 16.000 Euro. Doch auch das hätte Traxtore
empfindlich getroffen.
Grundlage für die Abgabe ist ein Gesetz zum Schutze des geistigen Eigentums
aus dem Jahr 1987. 2006 wurden die Abgaben auf Material für die digitale
Vervielfältigung ausgeweitet. Seither reist die Kritik an der Maßnahme
nicht ab, und das obwohl die Abgaben zu den niedrigsten in der Europäischen
Union zählen.
Das Urteil aus Luxemburg ist ein herber Schlag für die SGAE und mehrere
kleinere Verbände, die über die das Urheberrecht wachen. Ein Teil der
spanische Wirtschaftspresse macht die Rechnung: Da das Urteil Unternehmen,
Verbände und Verwaltung von der Zahlung der von den Richtern als
„unterschiedslos“ angesehenen Abgaben befreit, weil sie normalerweise
selbstproduzierte Inhalte speichern, verlieren die Verbände rund 60 Prozent
der Einnahmen von bisher jährlich 110 Millionen Euro aus den Abgaben auf
digitales Material.
„Auch wenn jeder einzeln klagen muss, können die Betroffenen bis zu 500
Millionen Euro einfordern“, erklärt der Anwalt der Traxtore-Besitzer Josep
Jover. So hoch seien die unrechtmäßig kassierten Abgaben in knapp fünf
Jahren. Nur Privatkunden werden auch künftig die Abgaben tragen müssen,
egal was sie mit dem erworbenen Material tatsächlich vorhaben. Denn „allein
die technische Fähigkeit dieser Anlagen oder dieser Geräte, Kopien zu
fertigen“ reiche aus, „um die Anwendung der Abgabe für Privatkopien zu
rechtfertigen, sofern diese Anlagen oder Geräte natürlichen Personen als
privaten Nutzern überlassen worden sind“, so das [4][Urteil].
Die Verbände verbuchen diesen Punkt als Erfolg für sich. „Wir werden nach
Alternativen suchen“, kündigte Kulturministerin Ángeles González-Sinde nur
wenige Stunden [5][nach der Urteilsverkündigung an]. So mancher Kommentator
befürchtete, dass González-Sinde, die einst der Film-Akademie vorstand,
jetzt die Abgaben für Privatkunden erhöhen könnte, um die Verluste
auszugleichen.
22 Oct 2010
## LINKS
(DIR) [1] http://www.tienda-traxtore.com
(DIR) [2] http://www.sgae.es/
(DIR) [3] http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=DE&Submit=Submit&numaff=C-467/08
(DIR) [4] http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=DE&Submit=Submit&numaff=C-467/08
(DIR) [5] http://en.www.mcu.es/
## AUTOREN
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