# taz.de -- Mieser Gesundheitszustand: Jetzt sind die Männer dran
       
       > Familienministerin Schröder hat den Mann entdeckt. Bei der Vorstellung
       > des ersten Männergesundheitsberichts kündigt sie eine neue Politik an.
       
 (IMG) Bild: "Vernachlässigtes Geschlecht": Patient in Hamburg.
       
       Dem deutschen Mann geht es schlecht. Er trinkt zu viel, er isst zu fett, er
       achtet zu wenig auf seinen Körper und seine Seele. Vorsorgeuntersuchungen
       vermeidet er, wenn es sich einrichten lässt. Und seine psychischen
       Krankheiten, ausgelöst durch zu hohe Erwartungen an ihn, verdrängt er
       sowieso. In der Folge stirbt er, statistisch betrachtet, fünfeinhalb Jahre
       früher als Frauen. Das ist seit Jahren bekannt. Und dagegen will eine nun
       ankämpfen: Familienministerin Kristina Schröder (CDU). "Jetzt sind die
       Männer und die Jungen dran", sagte sie am Donnerstag bei der Vorstellung
       des ersten deutschen Berichts zur Männergesundheit in Berlin.
       
       Schröder kündigte an: "Männergesundheit muss unser großes Thema werden."
       Die Pilotstudie, herausgegeben nicht etwa von der Regierung, sondern von
       der privaten Stiftung Männergesundheit und der Gesellschaft für Mann und
       Gesundheit, kommt aufgrund eigener wissenschaftlicher Studien und der
       Auswertung statistischen Datenmaterials zwar zu wenig belastbaren Zahlen.
       Dafür aber zu dem Schluss, dass die Männer keineswegs ausschließlich selbst
       verschuldet in ihre desolate Lage geraten sind.
       
       Vorsorge und medizinische Angebote gingen zu oft an den Bedürfnissen des
       "vernachlässigten Geschlechts" - wohlgemerkt: hier ist der Mann gemeint -
       vorbei, beklagte der Mitherausgeber Matthias Stiehler von der Deutschen
       Gesellschaft für Mann und Gesundheit. Präventions- und Therapieangebote
       müssten stärker berücksichtigen, dass sich beispielsweise psychische
       Störungen bei Männern häufig ganz anders äußerten als bei Frauen: In
       Alkohol- und Drogenabhängigkeit etwa, Gewalttätigkeit oder einer
       antisozialen Persönlichkeitsstörung. Riskantes Verhalten sei immer auch
       Bewältigungsverhalten, sagte Stiehler.
       
       Die Münchner Sozialwissenschaftlerin und Mitautorin Anne Maria
       Möller-Leimkühler warnte: Psychische Erkrankungen seien unter Männern ein
       Tabuthema - entsprechend häufig würden sie nicht erkannt und blieben
       deshalb unbehandelt. Die Zahlen dazu, so Möller-Leimkühler, seien
       besorgniserregend: So litten Männer entgegen allgemeiner Auffassung
       keineswegs seltener an psychischen Störungen als Frauen. Die Sterberate
       aufgrund psychischer Erkrankungen sei bei Männern dagegen "mindestens
       doppelt so hoch" wie bei Frauen. Nur: Öffentlich thematisiert würde die
       signifikant höhere Suizidrate selten.
       
       Auch das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist bei Männern höher:
       Zwischen 40 und 50 Jahren haben die Männer fünfmal so häufig einen Infarkt
       wie Frauen. Biologisch, so die Familienministerin Schröder, sei das nicht
       allein zu erklären, ebenso wenig wie die geringere Lebenserwartung von
       fünfeinhalb Jahren: "Nur ein Jahr ist biologisch erklärbar, viereinhalb
       Jahre sind also kulturell und sozial bedingt und damit veränderbar."
       
       Schröder will deshalb die Männer künftig stärker in den Fokus nehmen.
       Moderne Gleichstellungspolitik sei, den jahrzehntelang auch in ihrem
       Ministerium zu stark auf Frauen konzentrierten Fokus nun auf Jungen und
       Männer auszuweiten. Die Arbeitswelt, kritisierte Schröder, stelle immer
       noch ein höheres Gesundheitsrisiko für Männer dar. Nicht nur aufgrund der
       Art der Arbeit - laut Schröder oft größere Verletzungsgefahr,
       Schichtdienst, häufig körperlich anstrengendere Arbeit -, sondern besonders
       aufgrund der "Mehrarbeit und Selbstausbeutung", zu der sich viele Männer
       verleiten ließen.
       
       Schuld seien der Psychodruck der Kollegen, aber auch der Freunde und der
       eigenen Familie. Schröders Lösungsvorschlag: "Wir müssen mehr Freiräume
       schaffen für Männer, wir müssen ankämpfen gegen die Präsenzkultur in den
       Betrieben, wir müssen auch Männern Teilzeitbeschäftigung ermöglichen."
       Denn, auch das sei ein Ergebnis des Berichts: "Die Vereinbarkeit von
       Familie und Beruf scheint erfüllender und damit auch gesünder zu sein."
       
       Geht es nach Schröder, sollen Männer künftig daher mehr Beachtung in der
       Gesundheitsforschung finden. Für 2011 kündigte sie einen staatlichen
       Männergesundheitsbericht des Robert-Koch-Instituts an.
       
       28 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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