# taz.de -- 10 Jahre UN-Resolution für Frauen in Kriegen: Friedensstifterinnen dringend gesucht
       
       > Zehn Jahre nach ihrer Verabschiedung entpuppt sich die Resolution 1325,
       > mit der Frauen in Kriegskonflikten stärker als Vermittlerinnen eingesetzt
       > werden sollen, als Fehlschlag.
       
 (IMG) Bild: Gebet für einen neuen Anfang: Frauen in einem Zentrum für traumatisierte Frauen Liberias Hauptstadt Monrovia kurz nach Ende des Bürgerkrieges 2003.
       
       Das Mädchen war allein zu Hause, in einem Dorf in der Provinz Lofa im
       Norden Liberias, als der Pfarrer es ins Pfarrhaus lockte und vergewaltigte.
       Der Mann drohte das Mädchen umzubringen, wenn es davon erzählt. Die Familie
       des Kindes machte die Vergewaltigung trotzdem öffentlich, der Pfarrer wurde
       zu einer Haftstrafe verurteilt.
       
       Dass Vergewaltiger in Liberia hart verurteilt werden, ist neu. Während des
       Bürgerkriegs zwischen 1989 und 2003 wurden dort zehntausende Frauen sexuell
       missbraucht. Nach Ende des Kriegs haben engagierte Liberianerinnen dafür
       gesorgt, dass Vergewaltigung ein Strafdelikt wird. Später gründeten sie
       "Think" (Touching Humanity in Need of Kindness), eine
       Nichtregierungsorganisation, die Mädchen und Frauen unterstützt, die
       während des Kriegs vergewaltigt wurden.
       
       Die Geschichte des liberianischen Mädchens hat der Bevölkerungsfonds der
       Vereinten Nationen (UNFPA) jetzt in seinem aktuellen Bericht öffentlich
       gemacht. Um sexuelle Gewalt als Kriegsverbrechen ahnden zu können, hat der
       UN-Sicherheitsrat am 31. Oktober 2000 die Resolution 1325 einstimmig
       verabschiedet. Darin werden alle Parteien bewaffneter Konflikte
       aufgefordert, Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt zu schützen und
       Frauen verstärkt in Friedensverhandlungen einzubeziehen.
       
       Was ist seither passiert? Die Bilanz der vergangenen zehn Jahre fällt
       negativ aus. Nach Angaben von Unifem, dem Entwicklungsfonds der Vereinten
       Nationen für Frauen, waren Frauen bei allen wesentlichen
       Friedensverhandlungen kaum beteiligt, ihr Anteil lag weltweit unter 8
       Prozent. In Ländern wie Indonesien, Somalia und der Elfenbeinküste saß
       keine einzige Frau mit am Verhandlungstisch. 16 Prozent von insgesamt 589
       Friedensabkommen bezogen sich nach Angaben der University of Ulster
       explizit auf Frauen. Und nur 22 von 193 UN-Mitgliedstaaten haben einen
       Nationalen Aktionsplan aufgelegt, damit die Resolution umgesetzt werden
       kann. Deutschland gehört nicht dazu.
       
       Stephen Lewis, kanadischer Anwalt für Frauenrechte und von 2001 bis 2006
       UN-Sonderbotschafter für HIV und Aids in Afrika, fällt ein vernichtendes
       Urteil. 1325 sei ein "kläglicher Fehlschlag", sagt er, und das "klassische
       Beispiel einer UN-Resolution, die niemals in die Tat umgesetzt werde".
       Weder die Vereinten Nationen noch der UN-Sicherheitsrat seien bereit zu
       agieren, wenn Frauen die Opfer sind.
       
       Warum ist es überhaupt wichtig, dass Frauen mitverhandeln, wenn Konflikte
       gelöst werden sollen? Weil sie das "friedlichere" Geschlecht sind? Nein,
       sagt die UNFPA-Exekutivdirektorin Thoraya Ahmed Obaid. Je mehr Akteure und
       Betroffene in Verhandlungen einbezogen würden, desto geringer sei die
       Gefahr, dass eine Gesellschaft auch nach dem Abzug von Friedenstruppen
       wieder in Chaos und Terror versinke.
       
       Aber der Anteil von Frauen, die bei den bewaffneten UN-Kräften als
       Friedensmanagerinnen agieren sollen, ist seit 2000 nur langsam gestiegen.
       2008 gab es 1.794 Frauen in UN-Uniform, das sind 2,7 Prozent. 7 Prozent der
       UN-Polizeikräfte sind weiblich und 30 Prozent des zivilen Personals. Was
       können die Frauen erreichen?
       
       In Osttimor beispielsweise, das lange um seine Unabhängigkeit von
       Indonesien gekämpft hat, gibt es jetzt ein "Polizeihandbuch". Das erklärt
       Polizistinnen und Polizisten detailliert, was "geschlechtsspezifische
       Gewalttaten" sind. Vergewaltigungen von und Gewalt gegen Frauen gehören in
       dem südostasiatischen Inselstaat nämlich zum Alltag. Zwangssterilisationen
       und -abtreibungen waren unter den Besatzern eine Art Geburtenkontrolle. Im
       Mai 2010 verabschiedete das Parlament in Osttimor schließlich ein Gesetz
       gegen häusliche Gewalt.
       
       29 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
 (DIR) Simone Schmollack
       
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