# taz.de -- Kommentar sinkenden Arbeitslosenzahlen: Gute Krise, schlechte Krise
       
       > Die Krise hat sich in Deutschland zwar wenig auf den Arbeitsmarkt
       > ausgewirkt. Doch wir nehmen die anderen Euroländer als Geisel für unseren
       > Erfolg.
       
       Deutschland hat seit langem wieder weniger als drei Millionen Arbeitslose
       in der Statistik, meldet das zuständige Bundesamt. Das ist eine gute
       Nachricht. Auch wenn die tatsächliche Zahl Arbeitsloser und -suchender weit
       höher liegt, der Trend stimmt. Der als unflexibel verschriene Arbeitsmarkt
       hat auf die Krise schnell reagiert, Überstunden wurden in großem Maße
       abgefeiert. Dank des ungebremsten Aufschwungs in den Schwellenländern
       steigt beim Exportweltmeister die Zahl der Stellen, in fast allen anderen
       reichen Ländern steigt hingegen die Arbeitslosigkeit.
       
       Die Krise hat sich in Deutschland also wenig auf den Arbeitsmarkt
       ausgewirkt. Die laufende Bilanzsaison zeigt zwar noch Schrammen in den
       Bilanzen, aber bereits wieder gute Aussichten und teilweise sehr gute
       Gewinne. Wir hatten also eine gute Krise. Haben wir sie auch genutzt im
       Sinne von "Niemals eine gute Krise verschwenden"? Ist die aus den Bahnen
       geratene Wirtschaftsgesellschaft wieder auf dem Gleis? Da sieht es
       schlechter aus.
       
       Immer noch sind die Staatsfinanzen nicht im Lot. Der Staat pumpt seine
       vielen Kredite kaum in nachhaltige Branchen, sondern vor allem in
       Notmaßnahmen für die Sozialsysteme und hilft Unternehmen, die es weder
       nötig haben noch die Hilfe wertschätzen. Wir hoffen, dass für alle etwas
       abfällt von den wieder steigenden Profiten von Unternehmen und deren
       Besitzern. Aber nach wie vor gibt es zu wenig Mindestlöhne, damit die
       Niedriglohnarbeiter besser teilhaben am Reichtum. Andere Länder werden
       schon immer mehr deutsche Produkte kaufen, so das Kalkül. Das kann nicht
       aufgehen. Derzeit nehmen wir die anderen Euroländer als Geisel für unseren
       Erfolg: Der Euro ist wesentlich niedriger, als er an Hand der deutschen
       Erfolge sein müsste, weil andere Staaten im Währungsverbund schlecht
       dastehen. Für die ist der Euro zu hoch bewertet, für Deutschland ist er zu
       niedrig. Das verstärkt die Ungleichgewichte immer mehr. Und das ist eine
       schlechte Nachricht.
       
       29 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Metzger
       
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