# taz.de -- Kommentar Militärabkommen: Schulterschluss der Absteiger
       
       > Mit dem britisch-französischen Verteidigungsabkommen wird der imperiale
       > Anspruch der beiden einst größten Kolonialnationen Europas zu neuem Leben
       > erweckt.
       
       Ein Hauch von Dekadenz umweht das neue Verteidigungsabkommen zwischen
       Großbritannien und Frankreich. Zwei Weltmächte auf dem absteigenden Ast
       legen ihre militärischen Fähigkeiten zusammen, damit sie weltmachtfähig
       bleiben. Beiden Nationen droht nämlich derzeit aus finanziellen Gründen der
       Verlust dessen, was ihren Status ausmacht: die Fähigkeit, überall auf der
       Welt militärisch intervenieren zu können.
       
       Jetzt sollen Spezialkräfte beider Nationen kooperieren, es wird gemeinsame
       Atomwaffenüberprüfungen geben; eine britisch-französische Eingreiftruppe
       wird aufgestellt. Flugzeugträger und andere logistische Kapazitäten werden
       gemeinsam genutzt. Das ist ambitionierter, als es aussieht - abgesehen von
       dem unrealistischen Traum eines gemeinsamen Atomwaffenarsenals ist der
       Zusammenlegung von Streitkräften über den Kanal zu Einsatzzwecken jetzt
       theoretisch keine Grenze mehr gesetzt.
       
       Vielen traditionalistischen und ehrpusseligen Generälen beider Länder geht
       das gegen den Strich. Das politische und militärische Selbstverständnis von
       Paris und London bleibt grundverschieden, die französische und britische
       Art der Machtprojektion ist komplett gegensätzlich.
       
       Doch zugleich sendet die neue britisch-französische Entente ein
       interessantes Signal an den Rest der Welt aus. Die einst von Frankreich
       gepflegten gesamteuropäischen Tagträume unter der Trikolore sehen plötzlich
       ebenso alt aus wie das einst von Großbritannien gepflegte Wunschdenken
       einer "special relationship" mit den USA.
       
       Stattdessen erwecken Cameron und Sarkozy den imperialen Anspruch der beiden
       einst größten Kolonialnationen Europas zu neuem Leben. Sie müssen jetzt
       weniger Rücksicht auf europäische oder transatlantische Partner nehmen und
       können jetzt unbekümmerter als früher gemeinsam handeln. Von Washington bis
       Brüssel, von der Saharawüste bis zum Hindukusch werden sich so manche
       fragen, was das für sie bedeutet.
       
       3 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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