# taz.de -- Bushs Memoiren: Ein Schrei nach Liebe
       
       > Mit großem Medienhype startet der Verkauf der Memoiren des Expräsidenten
       > George W. Bush. Viel Neues gibt es nicht - auch keinerlei relevante
       > Selbstkritik.
       
 (IMG) Bild: Lächelnd zurück: George W. Bush ist mit sich und seiner Leistung als Präsident zufrieden.
       
       taz | George W. Bush ist wieder da. Seit Dienstag sind unter dem Titel
       "Decision Points" seine 497 Seiten starken Memoiren zu kaufen, und während
       der aktuelle Präsident Barack Obama diese Woche durch Asien tourt, bestimmt
       Expräsident Bush die Fernsehschirme. Nach einem einstündigen Interview mit
       Matt Lauer, dem Moderator der "The Today Show" beim Sender NBC am Montag
       folgen diese Woche Auftritte bei Oprah Winfrey, beim konservativen
       Radiomoderator Rush Limbaugh, bei Sean Hannity, Bill OReilly und Greta van
       Susteren, alle Fox, außerdem noch bei CBS am nächsten Sonntag, beim
       Late-Night-Talker Jay Leno und bei CNN. Das nennt man PR.
       
       Es mag Zufall sein, dass Bush ausgerechnet zu einem Zeitpunkt wieder in die
       Öffentlichkeit drängt, da sein Nachfolger infolge der schweren Niederlage
       bei den Zwischenwahlen den Tiefpunkt seiner bisherigen Amtszeit erlebt.
       Vermutlich wollte Bush einfach die volle Aufmerksamkeit, die ihm während
       eines laufenden Wahlkampfs nicht zuteil geworden wäre. Oder aber seine
       republikanischen Parteifreunde haben ihm davon abgeraten. "Die Republikaner
       waren glücklich, dass er aus dem Blickfeld und dem Gedächtnis verschwunden
       war", sagt ein demokratischer Parteistratege in der New York Times.
       
       In jedem Fall ist es nahezu surreal, wie der heute 64-Jährige zwei Jahre
       nach seinem Abgang für sich beansprucht, die Geschichte seiner
       Präsidentschaft, mit der die meisten US-AmerikanerInnen mit Grausen und
       Erleichterung abgeschlossen hatten, selbst schreiben zu wollen, bevor es
       die Historiker tun.
       
       Ein gängiger Vorwurf an Bush war, er lebe in einer eigenen Welt, fern der
       Realität. Ein Erinnerungsbuch könnte mit dieser Vorstellung aufräumen -
       doch Bushs Erzählung heute und sein Diskurs damals sind deckungsgleich.
       Fehler kann er bis heute nur wenige erkennen, darunter sein Auftritt auf
       dem US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln", als er rund sechs Wochen nach
       Beginn des Irakkrieges "Mission erfüllt" verkündete, und sein Verhalten
       nach dem Hurrikan "Katrina" im August 2005 , der New Orleans verwüstete.
       Als ihm der Rapper Kanye West daraufhin vorwarf, ihm seien Schwarze egal,
       sei er sehr betroffen gewesen - der Tiefpunkt seiner Präsidentschaft.
       Prompt entschuldigte sich Kanye West am Montag, es täte ihm leid, Bush so
       verletzt zu haben.
       
       Aber wie schon im Weißen Haus umgeht Bush Kritik lieber oder erklärt sie
       schlicht für falsch. Der Irakkrieg: "Niemand war betroffener und wütender
       als ich darüber, dass wir keine Massenvernichtungswaffen gefunden haben",
       aber "die Welt ist besser dran ohne Saddam Hussein an der Macht. Jetzt
       haben 25 Millionen Menschen die Chance, in Freiheit zu leben." Die
       Folterung von Terrorverdächtigen durch Waterboarding: "Wir haben wichtige
       Informationen bekommen, um das Land zu schützen. Es war richtig."
       
       Die gängige Erzählung der Bush-Biografen, seine politische Karriere und die
       Entscheidung für den Irakkrieg seien durch einen Vaterkomplex und den
       ewigen Kampf um väterliche Anerkennung geprägt - Vater George Bush soll
       stets den älteren Bruder Jeb vorgezogen haben -, erklärt Bush zum
       "Psycho-Blabla".
       
       Über seinen Nachfolger hat Bush nur Gutes zu berichten - und zu aktuellen
       politischen Themen sagt er nichts. Wohl aber zu Obamas Konkurrenten im
       Wahlkampf 2008: Als John McCain wenige Wochen vor der Wahl seinen Wahlkampf
       unterbrach und bat, es möge im Weißen Haus ein Treffen der Kandidaten zur
       Lösung der Finanzkrise geben, willigte Bush widerstrebend ein, nur um dann
       erstaunt zur Kenntnis zu nehmen, dass McCain bei dem Treffen keinerlei
       Kommentare oder Vorschläge zu unterbreiten hatte. Aber: Auch das war damals
       bereits in den Medien berichtet worden.
       
       Bushs Buch berichtet keine wirklichen Neuigkeiten, der Präsident und sein
       Ghostwriter Christopher Michel, ein früherer Redenschreiber im Weißen Haus,
       versuchen lediglich, den Expräsidenten menschlicher erscheinen zu lassen.
       Bush will wieder gemocht werden.
       
       9 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
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