# taz.de -- Sicherheit und Wirtschaftsinteressen: Guttenberg auf Köhlers Spuren
> Verteidigungsminister Guttenberg will bei Bundeswehreinsätzen offen und
> unverklemmt über Wirtschaftsinteressen diskutieren. Die Opposition
> reagiert empört.
(IMG) Bild: Im Einsatz für Sicherheit und Wirtschaft: Verteidigungsminister Guttenberg in Kunduz.
BERLIN taz | Ziemlich angestrengt und abgespannt sei Horst Köhler damals
gewesen, erzählten Zeugen nach dem Radiointerview im Mai, in dessen Folge
der Bundespräsident harsche Kritik erntete und zurücktrat. Köhler hatte
gerade auf der Reise in Afghanistan etwas verwurschtelt zum Ausdruck
gebracht, dass es legitim sei, bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch
Wirtschaftsinteressen zu verteidigen - und dies auch noch in einen
Zusammenhang mit dem Einsatz in Afghanistan gestellt.
Am Dienstag nun hat Karl-Theodor zu Guttenberg auf der Berliner
Sicherheitskonferenz Stellung bezogen zu den Worten Köhlers, von besonderer
Erschöpfung des Verteidigungsministers wie im Falle des ehemaligen
Bundespräsidenten ist nichts bekannt.
Guttenberg verteidigte die Sätze Köhlers mit Verve: "Die Sicherung der
Handelswege und der Rohstoffquellen sind ohne Zweifel unter militärischen
und globalstrategischen Gesichtspunkten zu betrachten", sagte Guttenberg.
Und weiter: Es müsse einiges getan werden, um den "Zusammenhang von
regionaler Sicherheit und Wirtschaftsinteressen in unserem Lande offen und
ohne Verklemmung" zu diskutieren.
Bis heute frage er sich, bezogen auf den ehemaligen Bundespräsidenten, "was
so verwegen an dieser Aussage war". Es war die Auftaktrede zu der
Sicherheitskonferenz, die noch bis zum heutigen Mittwoch im Berliner
Internationalen Congresszentrum abgehalten wird, und sie hat in Politik und
Wissenschaft für heftige Reaktionen gesorgt.
Die Opposition im Bundestag zeigte sich empört: "Wir warnen Guttenberg
davor, den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr in einen offensiven
Interventionsauftrag zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen
umzuinterpretieren", sagte der erste Parlamentarische Geschäftsführer der
SPD-Fraktion,Thomas Oppermann. "Ein Blick in das Grundgesetz erleichtert
das richtige Verständnis von Verteidigungspolitik: Das Grundgesetz erlaubt
keine Wirtschaftskriege", so Oppermann.
Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour kritisierte die Äußerungen
des CSU-Politikers als "absurd". "Guttenberg muss überprüfen, ob sein Fokus
als Verteidigungsminister der Verantwortung seines Amtes gerecht wird",
sagte er. "Stabilität darf nicht zum Vehikel für Wirtschaftsinteressen
werden." Nouripours Fazit: "Auslandseinsätze sind die Ultima Ratio in der
Verteidigungspolitik."
Dass Guttenberg mit der Aussage seinen politischen Handlungsspielraum
ausweiten möchte, glaubt der Friedenswissenschaftler Jochen Hippler von der
Universität Duisburg-Essen. "Der Verteidigungsminister baut
Argumentationslinien auf, um Bundeswehreinsätze ausweiten zu können", so
Hippler. Jedoch sei in der Verfassung geregelt, dass diese Grenzen habe:
"Die Bundeswehr darf ausschließlich zu Verteidigungszwecken eingesetzt
werden - Wirtschaftsinteressen schließt das sicher nicht ein."
Die Debatte eröffnet der Verteidigungsminister am Wochenende vor dem
CDU-Bundesparteitag, an dem erwartet wird, dass die CDU sein Konzept zur
Bundeswehr-Reform billigt. Guttenberg plant einen Umbau seines
Ministeriums, die Verkleinerung der Bundeswehr und die Aussetzung der
Wehrpflicht.
9 Nov 2010
## AUTOREN
(DIR) Gordon Repinski
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