# taz.de -- Bundeskabinett beschließt Reform: Wehrpflicht wird ausgesetzt
> Es ist die bisher größte Bundeswehrreform. Das Kabinett hat beschlossen,
> die Wehrpflicht ab dem 1. Juli 2011 auszusetzen. Mit der Entscheidung
> will es 8,3 Milliarden Euro einsparen.
(IMG) Bild: Die Bundeswehr soll auf maximal 163.500 Soldaten verkleinert werden.
BERLIN dapd | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die größte Reform in der
Geschichte der Bundeswehr auf den Weg gebracht: Zum 1. Juli 2011 soll die
allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt werden. Zudem soll die Truppe um ein
Viertel auf höchstens 185.000 Mann schrumpfen. Anstelle des Zivildienstes
ist ein Bundesfreiwilligendienst geplant. Die Regierung will rund 35.000
Männern und Frauen pro Jahr die Möglichkeit zur gemeinnützigen Arbeit
bieten.
Damit hat sich die schwarz-gelbe Koalition auf radikale Änderungen
geeinigt, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären. Vor allem
CDU und CSU hatten ein Ende der Wehrpflicht lange abgelehnt.
Haushaltszwänge, die veränderte weltweite Sicherheitslage und die neuen
Auslandseinsätze der Truppe gaben letztlich den Ausschlag.
Die Reform soll helfen, in den kommenden Jahren 8,3 Milliarden Euro
einzusparen. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat
dieses Ziel allerdings schon für unrealistisch erklärt, weil die Truppe mit
bis zu 185.000 Mann doch etwas größer ausfällt als zunächst gedacht. Er
hatte als Mindestgröße 163.500 Soldaten genannt. Finanzminister Wolfgang
Schäuble (CDU) hält an den Sparvorgaben dennoch fest. Wie sie erfüllt
werden, ist unklar.
Gegenwärtig liegt die Truppenstärke bei etwa 250.000 Soldaten. Das neue
Wehrrechtsänderungsgesetz sieht 170.000 Zeit- und Berufssoldaten sowie
15.000 Wehrdienstleistende vor, die für 12 bis 23 Monate freiwillig zum
Bund gehen. Um Soldaten für die Truppe zu gewinnen beziehungsweise dort zu
halten, will der Bund künftig einen dreistelligen Millionenbetrag für ein
"Attraktivitätsprogramm" ausgeben.
Die Wehrpflicht bleibt trotz ihrer Aussetzung im Grundgesetz verankert.
Laut Gesetz wird sie im Spannungs- oder Verteidigungsfall automatisch
wieder aktiviert.
Vorläufig enden mit der Wehrpflicht jedoch sowohl die Musterung als auch
der Zivildienst, den derzeit noch rund 90.000 junge Männer in sozialen
Einrichtungen ableisten. Der geplante Bundesfreiwilligendienst werde den
Zivildienst nicht zu 100 Prozent ersetzen können, räumte Familienministerin
Kristina Schröder (CDU) im ZDF ein. "Die Illusion sollte man auch gar nicht
wecken." Wichtige Einsatzkräfte fielen weg.
Doch wies die CDU-Politikerin darauf hin, dass die "Zivis" derzeit nur noch
sechs Monate eingesetzt würden, während die 35.000 jungen Leute im
Bundesfreiwilligendienst ein ganzes Jahr ableisten sollen.
Der Bundesfreiwilligendienst steht Männern und Frauen jeden Alters nach
Abschluss des 9. Schuljahres offen. Der Einsatz soll in der Regel 12 Monate
dauern, mindestens 6 und höchstens 24 Monate. Grundsätzlich ist eine Arbeit
in Vollzeit vorgesehen, für Freiwillige über 27 Jahren ist aber auch
Teilzeitarbeit von mindestens 20 Wochenstunden möglich.
Der Bund fördert die Freiwilligendienste künftig mit 350 Millionen Euro pro
Jahr, davon 50 Millionen Euro aus der bisherigen Förderung der
Jugendfreiwilligendienste und 300 Millionen Euro aus den Mitteln, die
bislang für den Zivildienst zur Verfügung stehen.
15 Dec 2010
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