# taz.de -- Kommentar Alfred-Grosser-Rede: Exemplarische Grundsätze
       
       > Grosser fordert die Achtung der Grund- und Menschenrechte der
       > Palästinenser - das ist exemplarisch, meint Rudolph Walther.
       
 (IMG) Bild: Der Politologe Alfred Grosser in der Paulskirche in Frankfurt am Main im Jahr 2017
       
       Die Auseinandersetzung zwischen dem Zentralrat der Juden und Alfred
       Grosser, der bei der zentralen Gedenkveranstaltung am 9. November in der
       Frankfurter Paulskirche eine Rede hielt, ist exemplarisch. Mit rüden
       Attacken auf den Politikwissenschaftler, der als "nützlicher Idiot" der
       Hamas beschimpft wurde, wollte der Verband einem unbequemen Kritiker
       israelischer Politik schon im Vorfeld den Mund verbieten. Die Drohungen
       gipfelten in der Ankündigung, die Veranstaltung platzen zu lassen, sollte
       Grosser "ausfallend" werden. Dieses Verhalten gegenüber einem Zeitzeugen,
       der die Nazi-Barbarei als kleiner Junge noch selbst erlebt hat, war kein
       Ausweis demokratischer Streitkultur, sondern schlicht eine Anmaßung.
       
       Zum Glück blieb der befürchtete Eklat aus, weil sich alle Beteiligten
       zurückhielten. Souverän war vor allem die Art, mit der Grosser die Angriffe
       auf seine Person und seine Meinungsfreiheit parierte: Er ließ sich nicht
       auf Scharmützel ein, sondern berief sich schlicht auf die Grundsätze, zu
       denen er sich bekennt - egal ob es um Frankreich, Südamerika oder Israel
       geht.
       
       Einer dieser Grundsätze steht in der Präambel der Französischen Verfassung
       von 1946. Dort ist, mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg, vom Sieg die Rede,
       "den die freien Völker über die Regimes davongetragen haben, die versucht
       hatten, die menschliche Person zu unterjochen und zu entwürdigen". Auf
       nichts anderes bezieht sich auch der jüdische Citoyen Grosser, wenn er etwa
       die israelische Politik in den besetzten Gebieten kritisiert und dort die
       Achtung der Grund- und Menschenrechte der Palästinenser einfordert.
       
       Glaubwürdigkeit kann nur beanspruchen, wer Gegnern und Freunden gegenüber -
       so Grosser wörtlich - "exemplarisch" auftritt: eine Lektion des 85-Jährigen
       - auch für Funktionäre mit autoritärem Gehabe.
       
       10 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Walther
       
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