# taz.de -- Gentests an Embryonen: Europa, wie hältst du's mit der PID?
       
       > In Italien ist sie verboten, in Finnland nicht gesetzlich geregelt, in
       > Großbritannien zulässig. Eine eingeschränkte Zulassung der PID führt in
       > Europa nicht zu Massennachfragen.
       
 (IMG) Bild: Kleinste Eingriffe mit großer gesellschaftlicher Wirkung: Präimplantations-Untersuchungen.
       
       BERLIN taz | Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) handelt es sich um
       Gentests an künstlich erzeugten Embryonen. Untersucht wird auf
       Erbkrankheiten, und zwar vor der Einpflanzung des Embryos in den
       Mutterleib.
       
       Um PID durchführen zu können, muss ein konkreter Verdacht vorliegen,
       erklärt der Berliner Gynäkologe Matthias Bloechle, der als einer der
       wenigen Mediziner in Deutschland PID anbietet: "Es gibt tausende
       genetischer Defekte, da kann man nicht blind irgendwelche Erkrankungen
       untersuchen.
       
       PID ist eine gezielte Diagnostik auf eine gezielte Erkrankung." In Anspruch
       genommen wird PID von Eltern, die selbst einen Gendefekt haben und mithilfe
       der PID die Gefahr einer Totgeburt oder eines schwer kranken Kindes
       verringern wollen.
       
       Die rechtlichen Bestimmungen in Europa zur PID sind unterschiedlich. In
       Deutschland war man jahrelang davon ausgegangen, dass PID verboten sei,
       obwohl das nirgendwo explizit so stand. Dann entschied der
       Bundesgerichtshof im Juli nach der Selbstanzeige des Arztes Matthias
       Bloechle, dass die PID keinen Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz
       darstelle. Ohne Neuregelung darf die PID also durchgeführt werden.
       
       Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht
       bietet eine Übersicht zum Umgang mit PID in Europa. Danach sind die
       Gentests in Italien verboten, in Finnland bislang gar nicht gesetzlich
       geregelt, dafür aber in Großbritannien bis zum 14. Tag der
       Embryo-Entwicklung zulässig.
       
       In den meisten Ländern mit PID-Erlaubnis gibt es jedoch Einschränkungen: So
       ist PID in Dänemark nur zulässig bei bekanntem erheblichem Risiko der
       Übertragung einer schwerwiegenden Erbkrankheit, oder um schwerwiegende
       Chromosomenanomalien aufzudecken oder auszuschließen. Seit 2004 ist PID
       zudem erlaubt, damit ein geeignetes Spendergeschwisterkind für ein bereits
       geborenes, aber todkrankes Kind geboren werden kann. Ärzte in Dänemark
       müssen die PID innerhalb eines Monats einer staatlichen Stelle melden.
       
       In Frankreich ist PID nur in Ausnahmefällen zugelassen: Ein Arzt aus einem
       multidisziplinären Zentrum für pränatale Diagnostik muss dazu ein "hohes
       Risiko der Übertragung einer besonders ernsthaften, unheilbaren genetischen
       Erkrankung" bestätigen. Die Durchführung der PID erfolgt in Fachzentren für
       Pränataldiagnostik - nach der Bewertung durch eine Ethikkommission.
       
       PID hat im europäischen Ausland weder zur Massennachfrage noch zu einer
       hierzulande häufig befürchteten Menschenzucht geführt. Nach Angaben der
       Europäischen Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie
       (ESHRE) wurde PID im Jahr 2007 nach bislang vorliegenden Zahlen europaweit
       6.822-mal durchgeführt.
       
       Erfasst wurden dabei Daten aus 17 Ländern, wobei die ESHRE selbst Zweifel
       an der Vollständigkeit erhebt. In 3.746 Fällen erfolgte ein
       Embryonen-Transfer in den Mutterleib. Knapp die Hälfte dieser Transfers war
       erfolgreich, die PID führte in diesen Fällen also zu Schwangerschaften
       (1.817). Tatsächlich geboren wurden 898 Kinder.
       
       17 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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