# taz.de -- Doping im Radrennsport: Wühlen in der Szene
       
       > Über Interpol arbeiten US-Ermittler im Fall Lance Armstrong mit
       > europäischen Polizeibehörden zusammen. Die Kooperation sorgt für
       > erhebliche Nervosität unter den Rennfahrern.
       
 (IMG) Bild: Blick zurück: Lance Armstrong nach seiner letzten Tour de France.
       
       BERLIN taz | "Wir haben nichts zu befürchten." Mark Fabiano, der Anwalt des
       siebenmaligen Tour-de-France-Siegers Lance Armstrong tut weiter so, als
       müsste sich sein Mandant keine Sorgen machen. Dabei haben die US-Ermittler
       um den Sonderbeauftragten Jeff Novitzky ihre Nachforschungsbemühungen in
       den letzten Tagen erheblich forciert.
       
       Über Interpol arbeitet Novitzky mittlerweile mit der spanischen,
       französischen und italienischen Polizei zusammen, außerdem mit
       verschiedenen Zollbehörden. Ermittler aus den USA sind derzeit in
       Frankreich, um sich bei der französischen Antidopingagentur und deren Labor
       umzusehen. Dort liegen die einzigen positiven Dopingproben aus der Karriere
       von Armstrong.
       
       Die Ermittler sind auf Einladung des im September aus dem Amt als Leiter
       der Antidopingagentur geschiedenen Pierre Bordry nach Europa gereist. Er
       hatte angeboten, die Proben, die vom mittlerweile 39 Jahre alten Armstrong
       bei der Tour des Jahres 1999 genommen wurden und in denen bei einem
       Nachtest 2005 das Blutdopingmittel Epo gefunden wurde, in Augenschein zu
       nehmen. "Ein alter Hut", meint dazu Armstrongs Anwalt Fabiano.
       
       Doch es geht nicht nur um längst Vergangenes bei der Dienstfahrt nach
       Europa. Gestern trafen sich die amerikanischen Ermittler mit Vertretern der
       französischen Polizei, um über Ermittlungen während der Tour de France 2009
       zu sprechen, bei der Armstrong im selben Team wie der nun unter
       Dopingverdacht stehende spätere Rundfahrtsieger Alberto Contador unterwegs
       war.
       
       Dazu hat sich Armstrongs Anwalt bislang ebenso wenig geäußert wie zu der
       Hausdurchsuchung bei Jaroslaw Popowitsch. Die italienische Gazzetta dello
       Sport berichtete, dass Computer, Handys und Medikamente im Haus des
       ehemaligen Teamkollegen von Armstrong beschlagnahmt worden seien.
       
       Das dürfte auch die US-Ermittler interessieren, die den Ukrainer, als er
       sich in der vergangenen Woche kurz in den USA aufhielt, umgehend zur
       Vernehmung einbestellt haben. Auch hier geht es darum, ob Armstrongs
       Radsportkarriere neben einer erwiesenen Dopingvergangenheit auch eine
       Dopinggegenwart hat. Der 35-jährige Popowitsch stieß 2005 zum
       Armstrong-Team Discovery Channel und fuhr seit dem Comeback des US-Stars in
       den Jahren 2009 und 2010 mit dem Texaner für die Rennställe Astana und
       RadioShack.
       
       Die US-Ermittler versprechen sich von der Zusammenarbeit mit den
       italienischen Behörden besonders viel, da diese über eine jahrelange
       Erfahrung im Kampf gegen Doping verfügen. Es waren auch italienische
       Fahndungserfolge, die dazu führten, dass der über Jahre hinweg
       dauerverdächtige Spanier Alejandro Valverde in diesem Jahr endlich gesperrt
       werden konnte.
       
       Die Hausdurchsuchung bei Popowitsch kann nicht nur den Fall Armstrong
       voranbringen. Die Staatsanwaltschaft Padua unter Leitung von Benedetto
       Roberti erhofft sich davon Erkenntnisse über die Arbeitsweise eines
       Dopinghandelsrings in Italien, der die Radsportszene versorgt haben soll.
       Die Ermittler sprechen von einem regelrechten "Dopingmittelsupermarkt".
       
       Derweil kursieren in Italien Gerüchte, denen zufolge sich etliche Fahrer
       aus Angst vor den Ermittlungsbehörden neue Handynummern besorgt haben. Auch
       das kurzfristige Ändern der Trainingsplanung einiger Teams wird in
       Zusammenhang mit den Nachforschungen aus Padua gebracht. Viele Teams, die
       in den letzten Jahren am Monte Teide auf Teneriffa oder in Süditalien rund
       um den Ätna trainiert hätten, so hat es die Gazetta dello Sport
       herausgefunden, haben sich nach Namibia und Südafrika verzogen.
       
       Warum der Modeberg der Radler auf Teneriffa gemieden wird? Die spanische
       Guardia Civil geht derzeit der Frage nach, warum so viele Fahrer am Monte
       Teide trainiert haben und warum sich in dessen Nähe in den letzten Jahren
       so viele Sportärzte niedergelassen haben.
       
       17 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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