# taz.de -- Kommentar Bürgerversicherung: Sozialer Frieden kostet Geld
       
       > Eine Bürgerversicherung würde die ewige Neiddebatte beenden – die
       > finanzielle Mehrbelastung für die Mittelschicht darf dennoch nicht
       > heruntergespielt werden.
       
 (IMG) Bild: Viel hilft nicht viel, weder bei Medikamenten, noch bei der Versicherung.
       
       Die Bürgerversicherung sei schon allein deshalb gut für alle, weil sie
       kostengünstiger ist als unsere derzeitige Zwei-Klassen-Medizin. Dieses
       Argument ist beliebt bei den Verfechtern einer gemeinsamen
       Krankenversicherung und war auf dem Parteitag der Grünen am Wochenende auch
       wieder zu hören. Leider ist es falsch. Die Bürgerversicherung wird unser
       Gesundheitssystem nicht wesentlich billiger machen. Die Ersparnis ist eher
       marginal. Das belegt jetzt auch ein Gutachten - im Auftrag der Grünen.
       
       Wer den Kampf um eine gerechte medizinische Teilhabe führen und auch
       gewinnen will, der muss diese Nachricht offensiv kommunizieren. Denn eine
       Bürgerversicherung müsste mehrheitlich von der oberen Mittelschicht
       finanziert werden, die gleichzeitig Privilegien aufgeben müsste, die ihr
       die Privatversicherung garantiert. Warum sollte sie sich auf ein solches
       Minusgeschäft einlassen?
       
       Der Widerstand gegen soziale Gerechtigkeit, das zeigen die Debatten um
       Bildungs- und Schulpolitik, wächst auch bei der grünen Wählerklientel mit
       der eigenen Betroffenheit. Daher ist eine Bürgerversicherung nur
       erfolgreich, wenn einsichtig wird, dass der Verlust einer besonderen
       Behandlung Vorteile bringt: So werden Privatversicherte häufiger als
       Versuchskaninchen benutzt als Mitglieder der gesetzlichen
       Krankenversicherungen. Nicht wenige der privaten Leistungen nützen dem Arzt
       oder der Forschung und nicht dem Patienten.
       
       Tatsächlich würde eine Bürgerversicherung die ewige Neiddebatte beenden und
       den Armen die Chance auf eine bessere medizinische Versorgung bieten. Das
       allein - Stichwort sozialer Frieden und Zusammenhalt der Gesellschaft - ist
       ein sehr guter Grund, sich für die Bürgerversicherung einzusetzen. Das muss
       dann aber auch so benannt werden. Wer hingegen die finanzielle
       Mehrbelastung für die Mittelschicht herunterspielt, handelt
       kontraproduktiv. Er verkauft die für dumm, die das neue System schultern
       müssen.
       
       21 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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