# taz.de -- Weltgesundheitsbericht veröffentlicht: Bei Krankheit droht finanzieller Ruin
> Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist ohne Krankenversicherung.
> Weitere 150 Millionen Menschen können sich medizinische Behandlungen kaum
> leisten.
(IMG) Bild: Menschen stehen in Tennessee, USA, vor einer Schule an, in der kostenlose medizinische Hilfe angeboten wird.
BERLIN afp/epd/taz | Jedes Jahr rutschen nach Angaben der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit rund 100 Millionen Menschen
unter die Armutsgrenze, weil sie nicht krankenversichert sind. Mehr als 150
Millionen Menschen seien zudem in jedem Jahr vom vollständigen finanziellen
Ruin bedroht, heißt es im diesjährigen Weltgesundheitsbericht der WHO, der
am Montag in Berlin vorgestellt werden soll.
Dem Papier zufolge ist mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung nicht
krankenversichert. Nur etwa ein Fünftel verfügt demnach über eine
umfangreiche Absicherung der Kosten für medizinische Leistungen. Die
unzureichende Finanzierung der Gesundheitsversorgung sei vor allem ein
Problem von Entwicklungsländern, wo es häufig bereits an einer
ausreichenden Verfügbarkeit von Behandlungsressourcen mangele, heißt es in
dem WHO-Bericht.
Aber auch in reicheren Ländern wie beispielsweise den USA seien Menschen
häufig überschuldet, weil sie Behandlungskosten nicht zahlen könnten. Zudem
würden die für die Gesundheitsversorgung weltweit vorhandenen Mittel
"ineffizient und ungerecht" eingesetzt, was zu einer Verschwendung von 20
bis 40 Prozent des zur Verfügung stehenden Geldes führe.
Die WHO ruft die Weltgemeinschaft in dem Bericht dazu auf, sich um ein
baldiges Erreichen der sogenannten Millenniumsziele zu bemühen. Die
Entwicklungsländer bräuchten zum Aufbau und Betrieb einer grundlegenden
Gesundheitsversorgung bis zum Jahr 2015 etwa 60 Dollar pro Einwohner. "Die
internationale Gemeinschaft wird die eigenen Anstrengungen der ärmsten
Länder finanziell unterstützen müssen", heißt es dazu in dem Papier. "Doch
selbst Länder, die derzeit mehr als das geschätzte Minimum ausgeben, dürfen
in ihren Bemühungen nicht nachlassen", sie sollten für mehr Effizienz in
ihren Gesundheitssystemen sorgen.
Derzeit geben laut dem Bericht 31 Länder weniger als 35 US-Dollar pro Kopf
und Jahr für den Gesundheitsbereich aus. Wenn mehr Länder ihre Zusagen
einhielten, bis 2015 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für
Entwicklungshilfe bereitzustellen, könnten bis 2015 drei Millionen
Menschenleben zusätzlich gerettet werden, heißt es in dem der Bericht.
Doch auch die armen Länder seien in der Pflicht. Im Jahr 2000 hätten sich
die afrikanischen Staatsoberhäupter verpflichtet, 15 Prozent ihrer
staatlichen Mittel für Gesundheit auszugeben. Nur Liberia, Ruanda und
Tansania hätten dieses Ziel bisher umgesetzt. Die WHO rät, durch
effizientere Steuererhebung oder neue Steuerquellen, etwa auf Tabak und
Alkohol oder Währungstransaktionen, neue Finanzierungsquellen zu
erschließen.
Auf einer internationalen Ministerkonferenz zur Finanzierung von
Gesundheitssystemen in Berlin sollte der Bericht beraten werden. An ihr
nehmen neben Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler und
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel auch WHO-Chefin Margaret Chan sowie
mehr als 30 Minister und weitere politische Vertreter aus rund 50 Ländern
teil.
Chan erklärte vor der Konferenz, niemand, der medizinische Hilfe brauche,
"sollte als Ergebnis im finanziellen Ruin enden". Entwicklungsminister
Niebel erklärte, Hilfestellungen beim Ausbau von Gesundheitssystemen in
ärmeren Ländern blieben "einer der Schlüsselsektoren der deutschen
Entwicklungspolitik". Die Bundesregierung stelle dafür bereits heute
jährlich 500 Millionen Euro bereit. Ein besonderes Schwerpunktthema sei
hierbei die Mütter- und Kindersterblichkeit.
23 Nov 2010
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) WHO-Chefin gibt es erstmals zu: Radioaktive Strahlung immer gefährlich
Bislang vertrat die WHO immer dieselbe Position wie die IAEA: So genannte
"interne radioaktive Strahlung", im Körper angereichert, sei nicht
gefährlich. Damit ist nun Schluss.
(DIR) Kommentar Weltgesundheitsbericht: Ein Weltgesundheitsfonds ist das Ziel
Wir brauchen einen Weltgesundheitsfonds, der die internationale Solidarität
bündelt und zielgerecht einsetzt. Eine Debatte über ein solches Ziel ist
längst überfällig.