# taz.de -- Krise bei Werder Bremen: Grün-Weiß ist sich nicht grün
       
       > Werder Bremen fehlen vor dem Champions-League-Spiel bei Tottenham Hotspur
       > nicht nur haufenweise Stammkräfte. Vor allem fehlt ein Konzept gegen die
       > Krise.
       
 (IMG) Bild: Wissen auch nicht mehr weiter: Trainer Thomas Schaaf und Geschäftsführer Klaus Allofs.
       
       Es ist gute Gewohnheit beim SV Werder Bremen, sich für Auftritte in der
       Champions League würdig zu kleiden. Auch Thomas Schaaf, der so gern im
       Kapuzenpullover daherkommt, macht da keine Ausnahme und wird für den
       Auftritt am Mittwoch bei Tottenham Hotspur (20.45 Uhr) wieder Sakko und
       Schlips tragen.
       
       Doch selten ist eine Dienstreise in der Königsklasse für den Trainer
       freudloser gewesen als jene in den Nordosten der britischen Hauptstadt. Die
       mürrische Miene vor dem Abflug galt nicht nur der langen Verletztenliste.
       Naldo, Pizarro, Silvestre, Borowski, Boenisch, Wesley, Arnautovic und
       Pasanen werden fehlen, sodass fast ein halbes Dutzend Akteure aus der
       zweiten Mannschaft die prickelnde Atmosphäre an der White Hart Lane
       genießen darf. Linksverteidiger Dominik Schmidt und Felix Kroos, Bruder des
       Nationalspieler Toni Kroos, könnten gar in der Anfangself stehen.
       
       Die Zahl der Ausfälle sei so noch nicht vorgekommen, sagt Schaaf. Aber
       nicht nur das: Ihm kann auch kaum gefallen, dass im Verein und im Umfeld,
       in der Stadt und in den Internetforen unverhohlen debattiert wird, ob er
       noch der richtige Übungsleiter ist für eine Mannschaft, die eine Saison des
       Grauens spielt.
       
       Der 49-Jährige erlebt die schwierigste Phase seiner fast zwölfjährigen
       Amtszeit als Chefcoach. Zwar wird dementiert, Schaaf habe bereits mit dem
       Rücktritt gedroht. Aber klar ist, dass die tiefgreifende Krise auch einen
       Fußballlehrer erfasst, dem die Spieler die Gefolgschaft zu verweigern
       drohen.
       
       In Tottenham haben Trainer und Mannschaft zwar nicht mehr viel zu
       verlieren. Von der Champions League brauche man bei einer nur mehr
       theoretischen Chance nicht mehr zu reden, "wir sind ja keine Träumer",
       stellte Vorstandschef Klaus Allofs bereits klar. Selbst das Überwintern in
       der Europa League ist unrealistisch. Eher wird daher das Sonntag-Spiel
       gegen FC St. Pauli zum Charaktertest.
       
       Und was wird aus Schaaf? Eine Entlassung noch vor der Winterpause ist
       aufgrund seiner Verdienste unwahrscheinlich. Unverkennbar aber ist, dass
       der eloquente Allofs allmählich Absatztendenzen erkennen lässt. Auf die
       Frage, ob Schaaf seinen Vertrag zwangsweise bis Laufzeitende im Juni 2012
       erfüllen werde, antwortete Allofs unlängst: "Von meiner Seite steht das
       nicht infrage. Aber wir können doch nicht sagen, was in einem halben Jahr
       oder in drei Monaten passiert. Es können sich Dinge im Fußball zu schnell
       verändern."
       
       Unverkennbar ist, dass Schaaf ein bestens entlohntes, aber kaum erziehbares
       Aufgebot befehligt, das in dieser Zusammenstellung keine Zukunft hat. Auch
       weil gerade die Fraktion der jüngeren Kräfte, so heißt es, zum Teil nicht
       so gut mit dem oft wortkargen Trainer kann. Offiziell bestätigen mag das
       aber niemand.
       
       Doch dass sich die Protagonisten nicht grün sind, gilt als offenes
       Geheimnis an der Weser. "Wir erleben gerade eine Phase, in der uns die
       Geschlossenheit nicht gerade auszeichnet", räumte auch Allofs bereits ein.
       Vermeintliche Führungsspieler wie der gesperrte Kapitän Torsten Frings oder
       Torwart Tim Wiese wirken isoliert, Nationalspieler Per Mertesacker oder
       Torjäger Claudio Pizarro scheuen die Verantwortung. Und egomanische
       Grenzgänger wie Marko Arnautovic wären selbst für ein funktionierendes Team
       eine Belastung.
       
       Ergo ist auch der für die Kaderplanung zuständige Allofs an der Misere
       beteiligt. Würde Schaaf scheitern und Werder im Mittelmaß versinken, ist es
       keineswegs Formsache, dass auch sein 2012 endender Kontrakt verlängert
       würde, zumal mit dem UN-Sonderberater und Exmanager Willi Lemke ein
       gegenüber Allofs kritisch eingestellter Gegenspieler dem Aufsichtsrat
       vorsteht. Doch Werder ohne seine beiden seit 1999 am Werk befindlichen
       Baumeister? Das schien bis vor Kurzem ebenso unvorstellbar wie die
       Demontage von Roland und Stadtmusikanten am Bremer Marktplatz.
       
       24 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Werder Bremen in der Krise: Fassungslose Feldherren
       
       Beim 0:3 in Köln zeigt sich Bremen in der Verfassung eines
       Abstiegskandidaten. Torhüter Tim Wiese erklärt schon jetzt, auf alles
       vorbereitet zu sein.
       
 (DIR) Kolumne Press-Schlag: Wundersame Welt der Hochlohnsklaven
       
       Was bezwecken die Fans von Werder Bremen, wenn sie sich für Trainer Thomas
       Schaaf starkmachen? Wo doch der Coach zumeist der Übeltäter ist.
       
 (DIR) Kleine Vereine in der Bundesliga ganz groß: Die klassenlose Gesellschaft
       
       Die Bundesliage steht kopf: Kleine Vereine mit weniger Etat sind den
       Topvereinen derzeit mindestens ebenbürtig. Das kommt jedoch nicht von
       ungefähr.
       
 (DIR) Werder Bremen gegen Eintracht Frankfurt: Der ewig gleiche Trott
       
       Werder muss sich zu Hause gegen biedere Frankfurter mit einem torlosen
       Remis begnügen. Überraschend feiern die Verantwortlichen die Partie gar als
       Schritt in die richtige Richtung.
       
 (DIR) Krise bei Werder Bremen: Thomas Schaaf gerät unter Druck
       
       Bremens Trainer hat es nicht leicht: Nach der desaströsen Niederlage in
       Stuttgart sieht Aufsichtsrat Willi Lemke großen Gesprächsbedarf.