# taz.de -- Krise bei Werder Bremen: Thomas Schaaf gerät unter Druck
       
       > Bremens Trainer hat es nicht leicht: Nach der desaströsen Niederlage in
       > Stuttgart sieht Aufsichtsrat Willi Lemke großen Gesprächsbedarf.
       
 (IMG) Bild: Angespannt: Thomas Schaaf und Sportdirektor Klaus Allofs beim Spiel gegen den VfB Stuttgart.
       
       Es ist ein Ritual im Hause Lemke, Auswärtsspiele des SV Werder vor dem
       Fernseher in seinem Haus in Bremen-Schwachhausen zu verfolgen. Willi Lemke,
       von 1981 bis 1999 Manager des Klubs, lädt meist noch Familienangehörige,
       Freunde und Bekannte ein, weil der 64-Jährige nicht nur als Aufsichtsrat
       dem Verein erhalten geblieben ist, sondern auch als einer seiner größten
       Fans. Was sich Lemke am Sonntagabend hatte ansehen müssen, erinnerte den
       UN-Sonderberater Sport an einen Horrorfilm. Er sei vor Erschrecken auf
       seinem Sofa zusammengesackt, sagte er. Nach dem 0:6 in Stuttgart sieht
       Lemke den Bedarf für "eine Menge Gespräche und Analysen" mit der aktuellen
       Geschäftsführung.
       
       Lemke meint: "Die Situation ist besorgniserregend. Im Augenblick überlegen
       wir im Aufsichtsrat, wie wir die sportliche Leitung unterstützen können."
       Und: "Ich glaube nicht, dass die Mannschaft das Fußballspielen verlernt
       hat." Aussagen, die in schöner Regelmäßigkeit ja auch Cheftrainer Thomas
       Schaaf und Vorstandschef Klaus Allofs getätigt haben, die nicht erst bei
       der Schmach im Schwabenland machtlos wirkten, als sich die Bremer Profis im
       höchsten Maße unprofessionell präsentierten. Der zurückgekehrte
       Nationaltorwart Tim Wiese sagte: "Ich schäme mich für uns." Während Schaaf
       befand, die Mannschaft sei "wie ein Sparringspartner im Boxring"
       aufgetreten, sprach Allofs von einer "Ohrfeige für alle, die verantwortlich
       sind".
       
       Am Montag stand die nächste Krisensitzung auf der Tagesordnung. Zum
       wiederholten Mal setzte es hinter verschlossenen Türen eine Standpauke, zu
       der sich Schaaf im Anschluss aber nicht äußern mochte.
       
       Auch woanders gibt es Redebedarf. Dem besorgten sechsköpfigen
       Aufsichtsgremium ist nicht verborgen geblieben, dass mit der sportlichen
       Talfahrt auch das mühsam erarbeitete Image angekratzt ist. Die letzte
       derartig desaströse Pleite fällt noch in die Lemke-Ära - ein 1:7 gegen
       Borussia Mönchengladbach im März 1987. Seitdem hat sich eine Menge getan -
       die Werder-Erfolge haben eben auch dazu geführt, dass Fußballer an der
       Weser gut verdienen. Vom Umsatz (zuletzt 120,7 Millionen Euro) fließen rund
       48 Millionen Euro an den Spielerkader. Einnahmen aus dem internationalen
       Geschäft sind da unabdingbar. "Ohne diese Erlöse entstände ein gewaltiges
       Loch, und wir müssten Abstriche bei den Lizenzspielern vornehmen, denn wir
       können ja nicht bei den Reinigungskräften sparen", sagt Lemke. Die Gefahr
       ist real: Nach dem Abrutschen auf Platz elf in der Liga, dem Aus im
       DFB-Pokal und dem Quasi-Ausscheiden in der Champions League ist das
       grün-weiße Gebilde in seinen Grundfesten erschüttert. In den Werder-Foren
       wird längst Tabubruch betrieben; die Baumeister, Schaaf, 49, und Allofs,
       53, beide von Lemke 1999 installiert, sind zur Zielscheibe des Volkszorns
       geworden. Dem Trainer wird die offensichtliche Distanz zu seinen Spielern,
       dem Vorstand eine verfehlte Personalpolitik und falsche Maßnahmen (wie das
       hinter dem Rücken des Aufsichtsrates vollzogene Einbehalten der Gehälter)
       vorgeworfen. Der von ihnen zusammengestellte Kader vereint zu viele schwer
       erziehbare Fälle (Arnautovic, Hunt), nicht entwicklungsfähige Profis
       (Prödl), alternde Kräfte (Frings) oder fatale Irrtümer (Silvestre).
       
       Die nächste Heimpartie am Samstag gegen Eintracht Frankfurt wird nun als
       Charaktertest ausgerufen, "Gemeinschaftssinn muss die Grundlage für den
       Neubeginn sein", verkündet Allofs. Vielleicht muss der SV Werder aber
       zuvörderst die im Sommer 2011 auslaufenden Verträge (Frings, Pasanen,
       Jensen, Almeida, Boenisch) als Chance begreifen, um mit einem großen
       Schritt rückwärts erst mittelfristig wieder vorwärtszukommen. Ziemlich
       sicher wird der Sonderberater Lemke bald eine Sondersitzung einberufen.
       Nicht in Genf bei den Vereinten Nationen, sondern in Bremen, dem größten
       Krisenherd der Liga.
       
       9 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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