# taz.de -- Artillerie-Schusswechsel in Korea: Kim Jong Il: Feuer auf die "Marionetten"
       
       > Nordkoreas Armee feuert Granaten auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong.
       > Die Welt reagiert besorgt. Südkorea gesteht, den Angriff womöglich
       > provoziert zu haben.
       
 (IMG) Bild: Informieren sich besorgt in Zeitungs-Extraausgaben: Südkoreaner in Seoul.
       
       PEKING taz | Nordkoreanische Truppen haben am Dienstag die südkoreanische
       Insel Yeonpyeong mit Artillerie beschossen. Zwei südkoreanische Soldaten
       kamen ums Leben, über ein Dutzend Soldaten und mehrere Zivilisten wurden
       verwundet, Hauser gingen in Flammen auf.
       
       Rund 50 Granaten soll Nordkorea dabei abgefeuert haben. Südkoreanische
       Soldaten beschossen ihrerseits Ziele im Norden. Es war das schwerste
       Gefecht an der innerkoreanischen Grenze seit Langem.
       
       Ein Bewohner von Yeonpyeong berichtete im südkoreanischen Fernsehen: "Die
       Artillerie traf nicht nur eine Stelle. Es brannte überall, es war
       chaotisch." Damit reagierte Nordkoreas Führung offenbar auf ein groß
       angelegtes Manöver der südkoreanischen Armee, das am Montag dieser Woche
       begonnen hat und an dem chinesischen Angaben zufolge 70.000 Soldaten
       beteiligt waren.
       
       Der Angriff begann um 14.32 Uhr Ortszeit und dauerte etwa eine Stunde.
       Einige der 1.500 Bewohner flüchteten in Booten von der Insel. Südkorea
       versetzte seine Armee in höchste Alarmbereitschaft. Die Regierung kündigte
       weitere Strafmaßnahmen an. "Nordkorea muss die volle Verantwortung für den
       Angriff übernehmen", hieß es in einer Erklärung des Präsidialamts.
       
       Ob es auch im Norden Tote oder Verletzte gab, wurde zunächst nicht bekannt.
       Nordkorea wies den Vorwurf zurück, zuerst gefeuert zu haben: "Sollte die
       südkoreanische Marionettengruppe es wagen, auch nur 0,0001 Millimeter in
       Nordkoreas Hoheitsgewässer vorzudringen, wird die revolutionäre Streitmacht
       nicht zögern, weiter gnadenlose militärische Gegenmaßnahmen zu ergreifen."
       
       Unterdessen räumte eine Sprecherin des Präsidialamtes in Seoul ein, dass
       die Präsenz südkoreanischer Kriegsschiffe in der Nähe der Grenze das
       Gefecht ausgelöst haben könnte: "Unsere Marine hat heute ein Manöver in der
       Nähe der westlichen Seegrenze durchgeführt. Nordkorea hat in einem Brief
       gegen die Übung protestiert. Wir untersuchen einen möglichen Zusammenhang."
       
       Die Welt reagierte bestürzt auf die Ereignisse. Nordkoreas engster
       Verbündeter, China, rief beide Seiten dazu auf, sich zurückzuhalten: "Wir
       hoffen, die betreffenden Parteien handeln auf eine Weise, die dem Frieden
       und der Stabilität auf der Koreanischen Halbinsel dienlich ist", sagte
       Außenamtssprecher Hong Lei.
       
       Der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, verurteilte den Angriff und
       forderte Nordkorea auf, sich an die Waffenstillstandsvereinbarung zu
       halten, die nach dem Koreakrieg (1950-53) geschlossen worden war. Formal
       befinden sich beide Seiten noch im Krieg, da damals kein Friedensvertrag
       zustande kam. Außenminister Guido Westerwelle versicherte den Südkoreanern,
       die Bundesregierung fühle mit ihnen und unterstütze sie in dieser
       schwierigen Lage.
       
       Der Zwischenfall vom Dienstag zeigt erneut, wie leicht entflammbar die
       Situation in der Region ist. Die kleine Inselgruppe Yeonpyeong mit der
       gleichnamigen Hauptinsel und einer weiteren bewohnten Insel, Soyeonpyeong,
       liegt rund 200 Kilometer westlich von Seoul nur zwölf Kilometer vor der
       nordkoreanischen Küste. Der genaue Grenzverlauf in den Gewässern um die
       Koreanische Halbinsel ist zwischen beiden Seiten umstritten.
       
       Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu Gefechten, die zuweilen
       durch die Konkurrenz um Fischereigründe ausgelöst wurden. Im März dieses
       Jahres sank in der Nähe der weiter westlich gelegenen Insel Baengnyeong
       eine südkoreanische Korvette, 46 Seeleute starben. Den Vorwurf der
       Südkoreaner und einer internationalen Kommission, ein nordkoreanisches
       U-Boot habe das Schiff mit einem Torpedo gesprengt, wies Nordkorea zurück.
       
       Der Zwischenfall kommt zu einer Zeit, in der Nordkoreas Herrscher Kim Jong
       Il versucht, sein politisches Erbe zu regeln und seinen dritten Sohn, Kim
       Jong Un, als Nachfolger zu installieren.
       
       23 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jutta Lietsch
       
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