# taz.de -- Fachtagung zum Bundesverkehrswegeplan: Erst denken, dann Straßen bauen
       
       > Der Bundesverkehrswegeplan ist überfrachtet und nicht mehr zeitgemäß.
       > Statt auf Neubau sollte der Staat mehr auf Erhalt setzen – und die Bürger
       > besser beteiligen.
       
 (IMG) Bild: Die A2 bei Hannover.
       
       BERLIN taz | Wie viele neue Straßen, Schienen und Kanäle braucht
       Deutschland - und vor allem welche? Seitdem es Infrastrukturpolitik in
       Deutschland gibt, wird diese Frage gestellt, aber sie wird kaum strategisch
       beantwortet. Denn die Antwort fiele meistens so aus: Statt Milliarden in
       großen Neubauprojekten zu versenken, müsste der Staat zunächst in den
       Erhalt und in die punktuelle Ergänzung der bestehenden Netze investieren;
       und dafür bedarf das dazugehörige politische Instrument, der
       Bundesverkehrswegeplan, einer völligen Überarbeitung.
       
       Dabei müssen auch die Interessen der Bürger von Anfang an stärker in den
       Mittelpunkt gerückt werden, wie die Proteste gegen das Bahnprojekt
       "Stuttgart 21" zeigen. Das ist das Fazit einer Fachtagung der SPD-nahen
       Friedrich-Ebert-Stiftung, die am Mittwoch in Berlin stattfand.
       
       Dabei wurde deutlich, dass der Bundesverkehrswegeplan - und zwar
       verkehrsträgerübergreifend - gnadenlos überfrachtet ist. Würden alle
       Projekte, die als notwendig gelten, mit den absehbar zur Verfügung
       stehenden Mitteln realisiert, wären sie vielleicht im Jahr 2040 gebaut -
       nur ob sie dann noch gebraucht werden, weiß niemand.
       
       Denn einerseits muss sich Deutschland auf den demografischen Wandel - mehr
       ältere Menschen, weitere Verschiebungen zwischen boomenden und
       schrumpfenden Regionen - vorbereiten, andererseits gilt es, den Klimawandel
       durch Schonung der Ressourcen abzumildern. Gleichwohl, und auch das wurde
       auf der Tagung deutlich, stellt die gute Infrastruktur in Deutschland einen
       Wert an sich dar, den eine auf den Export orientierte Industriegesellschaft
       gar nicht hoch genug einschätzen kann.
       
       Umso dringender erscheint eine Reform des Bundesverkehrswegeplans. Bislang
       melden die Bundesländer den Bedarf ihrer Projekte an, und je nach föderalem
       Proporz werden diese dann im Laufe der Jahre verwirklicht. "Der Plan ist
       hoffnungslos überfrachtet", sagte Tilmann Heuser, Berliner
       Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND. "Alle Projekte gehören auf
       den Prüfstand." In der Fläche sei Deutschland versorgt, Bedarf gebe es
       allenfalls bei der Hinterlandanbindung der Seehäfen und in den
       Ballungsräumen. Wichtig sei aber, vor einem Ausbau der Infrastruktur zu
       klären, welchen Verkehr man langfristig wo haben wolle.
       
       Dieser Auffassung schloss sich der Geschäftsführer der
       Schienenlobbyorganisation "Allianz pro Schiene", Dirk Flege, an. "Wir
       müssen zuerst unsere Ziele definieren und dann bauen." Dabei seien kleine
       Projekte nicht per se gut und große nicht per se schlecht. "Der
       Gotthard-Basistunnel in der Schweiz ist ein sehr großes Projekt, aber ein
       sehr sinnvolles."
       
       Der Autoclub ADAC verlangte eine neue Schwerpunktsetzung bei der Vergabe
       der Mittel. Auf 15 Prozent der Autobahnen verzeichnen wir die Hälfte aller
       Staus. Besonders betroffen sei Nordrhein-Westfalen. Um Engpässe zu
       beseitigen, muss es aber nicht immer Neubau oder Ausbau sein, regte
       Umweltschützer Heuser an. "Es kann auch reichen, temporär Standspuren zu
       öffnen."
       
       24 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Richard Rother
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
       
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