# taz.de -- Streit der Woche: „Wir haben einfach oft Schwein gehabt“
       
       > Wegen der aktuellen Terrorwarnungen forderten Politiker mal wieder, den
       > Einsatz der Bundeswehr im Inland zu erleichtern. Eine Mehrheit scheint es
       > dafür nicht zu geben.
       
 (IMG) Bild: Soll die Bundeswehr bei Terrorgefahr auch im Inneren agieren dürfen? Das fordern einige Politiker.
       
       Eröffnet hatte die Debatte der Vorsitzende des Bundes Deutscher
       Kriminalbeamter (BDK), Klaus Jansen, selbst ehemaliger
       Anti-Terror-Ermittler. Die Polizei sei durch die erhöhte
       Einsatzbereitschaft personell überfordert und erschöpft, sagt Jansen. Im
       Falle eines Terroranschlags fürchtet er „kriegsähnliche Zustände“ in
       Deutschland. Verfassungsrechtlich gibt es aber klare Vorgaben, wann die
       Bundeswehr eingesetzt werden darf. Viele Unionspolitiker wie
       Verteidigungsminister Guttenberg wollen daran nicht rütteln.
       
       Im Streit der Woche der aktuellen sonntaz schreibt Jansen, in der Art der
       Bewaffnung herrsche eine klare Asymmetrie zwischen Terroristen und
       Polizeibeamten. Wenn es zu einem Anschlag käme, würden Bundestag und
       Bundesrat in dieser Frage schnell zu einem Entschluss kommen, ist Jansen
       überzeugt. "Wir haben in Deutschland bisher einfach sehr oft Schwein
       gehabt", dass es keine Anschläge gab.
       
       Jansen fordert deshalb Unterstützung durch die Feldjäger der Streitkräfte.
       Für diese Form der Amtshilfe spricht sich auch der schleswig-holsteinischen
       Innenminister Klaus Schlie aus. „Wie sonst sollen wir uns wehren?“, fragt
       er, wenn Terroristen Flugzeuge oder ABC-Waffen einsetzten. Alternativen
       seien eine paramilitärisch aufgerüstete Polizei oder fatalistischer
       Gleichmut. Beides könne niemand wollen, so Schlie. Mit Jansen ist er sich
       einig, dass in der aktuellen Gefahrenlage weniger Ideologie und mehr
       Pragmatismus gefragt seien.
       
       Ulrich Kirsch, Vorsitzender des Bundeswehrverbandes, sieht die Soldaten
       jedoch nicht als Hilfspolizisten. Er argumentiert, die Armee sei für diese
       Aufgaben gar nicht ausgebildet. Mit Auslandseinsätzen, Pirateriebekämpfung
       und Strukturreform sei die Bundeswehr außerdem ausgelastet. Das Grundgesetz
       biete zudem auch jetzt schon ein abgestuftes System für den Einsatz im
       Inneren - „bis hin zum bewaffneten Einsatz in besonders schweren
       Unglücksfällen“. Er schlägt vor, lieber ausreichend gut ausgebildete
       Polizisten einzustellen. Auch die Gewerkschaft der Polizei distanzierte
       sich von Jansens Vorschlag: „Wir brauchen keine Feldjäger vor dem
       Reichstag“, sagte deren Vorsitzender Bernhard Witthaut.
       
       Doch auch abseits von strategischen Überlegungen gibt es gute Gründe gegen
       eine militärische Verstärkung der Polizei. Die Grüne Politikerin Paula
       Riester kritisiert, dass martialische Polizeieinsätze vielen Demonstranten
       Angst machten und somit die Versammlungsfreiheit gefährden. Der Musiker und
       Autor Konstantin Wecker hat ganz grundsätzliche Bedenken gegen
       Bundeswehreinsätze: Eine weniger menschenverachtende Politik brauche auch
       keine Bundeswehr, weder innen, noch außen, meint er. Und auch Wecker
       erkennt in der aktuellen Terrorhysterie nichts anderes als eine
       Einschüchterungsstrategie: „Angst ist ein Herrschaftsinstrument, mit dem
       nun der staatliche Repressionsapparat mobilisiert werden soll“.
       
       Außerdem äußern sich im "Streit der Woche" in der aktuellen sonntaz noch
       der CSU-Innenexperte Norbert Geis und der SPD-Abgeordnete Hans-Peter
       Bartels.
       
       27 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ariane Lemme
       
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