# taz.de -- Streit beim EU-Afrika-Gipfel droht: Billiges EU-Milchpulver erzürnt Afrikaner
       
       > Einheimische Produzenten leiden unter preisgünstigen europäischen
       > Einfuhren. Die EU drängt aber darauf, dass afrikanische Importzölle
       > niedrig bleiben.
       
 (IMG) Bild: Kommt das Milchpulver aus Europa, ist es in Afrika unbeliebt.
       
       Europäisches Milchpulver ist billig auf den Märkten Afrikas. Zu billig,
       sagt Ndiaga Mboup, Vertreter Senegals bei den Vereinten Nationen in Genf.
       Er kritisiert: "Dadurch nimmt die Armut zu, nicht ab." Denn die
       preisgünstigen Importe aus Deutschland, Frankreich und anderen EU-Staaten
       würden die einheimischen Produzenten vom Markt verdrängen.
       
       Das ist ein Vorwurf, mit dem die Europäische Union, die die heimische
       Agrarwirtschaft jährlich mit Milliardensummen subventioniert, nicht gerne
       konfrontiert wird. Am Montag könnte es trotzdem so weit sein. Dann tagt in
       der libyschen Hauptstadt Tripolis der EU-Afrika-Gipfel. Ihren dort
       anwesenden Regierungschefs haben die Handelsminister der Staaten der
       Afrikanischen Union bereits nahegelegt, die laufenden Verhandlungen mit der
       EU über die weitere Öffnung des Handels zwischen den beiden Kontinenten für
       gescheitert zu erklären.
       
       Wegen billiger Importe aus dem reichen Norden ist manche afrikanische
       Regierung erzürnt. Faire Entwicklungspolitik sehe anders aus, sagt der
       Senegalese Mboup.
       
       Das Muster der Handelsbeziehungen ist oft dasselbe. "Im August 2009 wurde
       in Kamerun Milchpulver der Marke Nido von Nestlé für umgerechnet 51
       Eurocent pro Liter verkauft", sagt Armin Paasch vom Hilfswerk Misereor in
       Aachen. Dagegen müssten die einheimischen Produzenten des westafrikanischen
       Staates über 60 Cent verlangen, um durch den Verkauf ihrer Milch den
       Lebensunterhalt finanzieren zu können. "Die afrikanischen Hersteller
       konkurrieren oft gegen sehr wettbewerbsfähige Produzenten aus der EU",
       erklärt Mboub.
       
       Kamerun ist ein Beispiel, die Elfenbeinküste ein zweites. Wie Paasch weiß,
       habe dort der Import von Schweinefleisch unter anderem aus der EU zwischen
       2000 und 2006 von 5.000 Tonnen auf 35.000 Tonnen jährlich zugenommen. Weil
       auch in diesem Fall die Einfuhrpreise unter den lokalen Produktionskosten
       lägen, sei die einheimische Herstellung eingebrochen, erläutert der
       Misereor-Mitarbeiter. Geringere Einnahmen führten beispielsweise dazu, dass
       die afrikanischen Familien statt drei Mahlzeiten am Tag nur noch zwei auf
       den Tisch bringen.
       
       Deshalb fühlen sich die Handelsminister der Afrikanischen Union
       übervorteilt. Besonders ärgert sie allerdings, dass die EU die für sie
       günstige Situation auch für die Zukunft festschreiben will. Das ist ein
       Sinn der Abkommen für Wirtschaftspartnerschaft (Economic Partnership
       Agreements, Epa), die die EU unter anderem mit Afrika verhandelt. Diese
       Freihandelsabkommen sehen in der Regel vor, dass bestehende Zölle nicht
       erhöht werden dürfen.
       
       Im Fall des Imports von Milchpulver und Schweinefleisch bedeutet dies:
       Kamerun und die Elfenbeinküste haben auch künftig keine Chance, ihre
       niedrigen Importzölle so anzuheben, dass der Endpreis für die eingeführten
       EU-Produkte über das Niveau der Waren steigt, die einheimische Produzenten
       herstellen. Die afrikanischen Produzenten hätten also auch weiterhin das
       Nachsehen. Solche Abkommen wollen die Afrikaner deshalb lieber nicht
       abschließen. Der am Montag in Tripolis beginnende EU-Afrika-Gipfel ist
       daher für sie eine gute Gelegenheit, auf die Misere aufmerksam zu machen.
       
       Beim FDP-geführten Entwicklungsministerium in Berlin hat man wenig
       Verständnis für das Anliegen. Die EU verfolge ein richtiges Ziel, wenn sie
       auf offene Märkte und niedrige Zölle dränge, sagte ein Sprecher. Beide
       Seiten müssten Zugeständnisse machen. "Wir glauben, dass die Epa-Abkommen
       grundsätzlich eine gute Sache sind."
       
       28 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
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