# taz.de -- Kommentar Pisa-Studie: Chancengleichheit lohnt sich
       
       > Die Deutschen sollten sich daran gewöhnen, Vielfalt als bereichernd zu
       > empfinden. Das bringt bessere Ergebnisse. Deshalb sollten alle bis zur
       > zehnten Klasse gemeinsam lernen.
       
       Seit der ersten Pisa-Studie vor zehn Jahren hat sich viel bewegt: Kitas
       sind keine Tagesheime mehr, sondern frühpädagogische Bildungszentren,
       Ganztagsschulen kein Tabu, sondern ein Erfolg. Doch die aktuelle
       Pisa-Studie zeigt, wie stark die soziale Herkunft nach wie vor die spätere
       Bildungskarriere bestimmt.
       
       Die Kinder werden im deutschen Schulsystem meist schon ab Klasse vier wie
       farbige Glasperlen in verschiedene Kästchen sortiert. Auch der neue Trend
       zum zweigliedrigen Schulsystem hat wenig daran geändert, dass sie
       hierzulande im internationalen Vergleich unglaublich früh je nach Begabung
       auf unterschiedliche Schulen geschickt werden.
       
       Die Regel, dass Laura ins Gymnasium und Kevin in die Oberschule geht, ist
       damit geblieben. Und das, obwohl kein Mensch voraussagen kann, ob ein
       zehnjähriges Kind später mal das Abitur schaffen wird. Auch lernen schnelle
       Schüler nicht besser, wenn die langsamen nicht mehr in der Klasse sind.
       Aber die langsamen werden schlechter.
       
       Am tiefen Graben, der die deutsche Schullandschaft durchzieht, sind nicht
       allein die Kultusminister schuld. Viele Mittelschichtseltern leben zwar
       gern in einem Multikulti-Kiez, suchen aber panisch nach einer Schule in
       einem bürgerlichen Stadtteil, sobald ihre Kinder schulpflichtig sind. Und
       Hamburger Eltern probten den Aufstand, als ihr strebsamer Nachwuchs zwei
       Jahre länger neben "bildungsfernen" Kindern sitzen sollte. Als ob Armut
       ansteckend und schlechtes Deutsch übertragbar sei.
       
       Die Deutschen sollten sich daran gewöhnen, Vielfalt als bereichernd zu
       empfinden. Dass sich das lohnt, zeigt die "kleine Pisa-Studie", der
       Grundschulvergleich Iglu. Deutsche Grundschüler schneiden da im
       internationalen Vergleich gut ab. Also: weitet die Grundschulen aus, hebt
       den Deckel nach der vierten Klasse. Bis zur zehnten Klasse sollten alle
       gemeinsam lernen. Dann können Laura und Kevin selbst entscheiden, ob sie
       Klempner oder Kanzler werden wollen.
       
       7 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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