# taz.de -- Interview zu Klimapolitik: "Streicht die Ölsubventionen!"
       
       > Der Kampf gegen den Klimawandel kommt nicht voran. Für Adnan Amin, Chef
       > der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien, liegen die Gründe
       > im politischen System.
       
 (IMG) Bild: in Cancun, Mexiko, wird gerade gegen die herrschende Klimapolitik protestiert.
       
       taz: Herr Amin, wie ernst ist der Klimawandel? 
       
       Adnan Amin: Auch wenn es in Mitteleuropa derzeit kalt ist, wird 2010 das
       wärmste Jahr, seit es Wetteraufzeichnungen gibt. Laut
       Weltmeteorologieorganisation liegt die globale Temperatur um 0,55 Grad
       Celsius über dem Schnitt der Jahre 1961 bis 1990. Und im nächsten Jahr
       werden die Treibhausgasemissionen, die den Klimawandel hervorrufen,
       voraussichtlich Rekordgröße erreichen. Die extremen Wetterlagen - jüngst
       die Flut in Pakistan oder Dürren in Afrika - zeigen: Die Zukunft wird
       bedrohlich anders sein als heute.
       
       Die Bundesregierung sagt, man brauche Atomkraft als Brücke hin zu 100
       Prozent Ökoenergien - richtig oder falsch? 
       
       Das ist ihre Entscheidung. Jede Regierung muss mit ihrer Bevölkerung sehen,
       ob es gerechtfertigt ist, die Risiken der Atomkraft einzugehen.
       
       Aber Atomkraft verstopft die Leitung und verhindert Investitionen in
       Ökoenergien … 
       
       Das sehe ich anders: Die nötigen Investitionen für neue Reaktoren sind
       schon heute gigantisch. Und der Bau wird jedes Jahr 15 Prozent teurer,
       haben Forscher am Massachusetts Institute of Technology berechnet. Selbst
       Großbanken warnen vor finanziellen Risiken. Bis ein Atomkraftwerk gebaut
       ist, vergeht zudem viel Zeit. Derweil werden erneuerbare Energien immer
       wettbewerbsfähiger. Die meisten Investitionen werden künftig in Wind- und
       Solarenergie sowie in Stromnetze fließen.
       
       Wie sieht die Energieversorgung in zwanzig Jahren aus? 
       
       60 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen stammen derzeit aus dem
       Energiesektor. Dabei haben 1,5 Milliarden Menschen noch gar keine
       Elektrizität. Das System ist unzulänglich. Wir brauchen Lösungen. Technisch
       sind 50 Prozent Ökostrom bis 2030 möglich. Es ist eine Frage des
       politischen Willens.
       
       Stört die Finanzkrise den Ausbau der grünen Wirtschaft? 
       
       Die Menschen haben in der Krise realisiert, dass sich die globale
       Wirtschaft ändern muss, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Sie reden über
       Energien, über grüne Jobs, über Energieeffizienz, man sieht in vielen
       Staaten einen Grünungsprozess, sogar in den USA.
       
       Viele Republikaner im US-Senat leugnen den Klimawandel. 
       
       Es gibt Leute, die nicht an wissenschaftliche Erkenntnisse glauben, aber
       die Mehrheit tut es. In den USA tut sich regional einiges.
       
       Warum gibt es immer noch Politiker, die nicht aktiv werden? 
       
       Die meisten sind sich bewusst, dass die Erderwärmung kommt und ein Problem
       ist. Aber sie wollen in vier Jahren wiedergewählt werden und der
       Klimawandel ist ein 100-Jahre-Phänomen. Da wollen sie keine unpopulären
       Entscheidungen treffen. Das politische System schreckt vom Kampf gegen
       Treibhausgase ab.
       
       Auch wenn der Klimawandel längst sichtbar ist? 
       
       Es reicht noch nicht. Das Bewusstsein in der Bevölkerung ist noch nicht da.
       Es ist noch einfach zu sagen: Ja, wir haben ein Problem, vielleicht sollte
       mal jemand anderes etwas dagegen tun. Nehmen Sie nur die Subventionen für
       fossile Energien, die gestrichen werden müssten.
       
       Um wie viel Geld geht es? 
       
       Die Internationale Energieagentur schätzt die weltweiten Subventionen für
       Verbraucher auf 312 Milliarden US-Dollar allein im Jahr 2009. Dazu kommen
       laut der Globalen Subventionsinitiative 100 Milliarden US-Dollar, die an
       die Energieproduzenten fließen. Erdölreiche Staaten halten die Benzinpreise
       niedrig, damit Autofahren billig bleibt. Andere Regierungen helfen ihrer
       Gas- und Ölindustrie bei der weltweiten Erkundung und Gewinnung von
       Ressourcen. Sie wollen so Jobs sichern. Alternative Energien können dann
       aber nicht konkurrieren.
       
       Welche Rolle spielen Sie da? 
       
       Wir werden keine Leute losschicken, die Windräder aufstellen. Wir werden
       aber mit der Weltmeteorologieorganisation Karten erarbeiten, die geeignete
       Standorte für Windräder und Sonnenkollektoren zeigen. Vor allem wollen wir
       aber globale Strategien entwickeln, um die Politik für den Übergang zu 100
       Prozent Ökoenergien zu gewinnen.
       
       Wann werden Sie mit US-Präsident Barack Obama reden? 
       
       Er ist Kenianer, wir sind Brüder. Ich rede jederzeit mit ihm.
       
       8 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
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