# taz.de -- Proteste gegen Wahlergebnis in Haiti: "Wir werden das Land blockieren"
       
       > In Haiti ist es nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse zu schweren
       > Ausschreitungen gekommen. Das Hauptquartier der Regierungspartei wurde
       > angezündet, Schüsse waren zu hören.
       
 (IMG) Bild: Ein Demonstrant versorgt eine brennende Barrikade mit neuer Nahrung.
       
       PORT-AU-PRINCE afp/dapd | Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses in Haiti, das
       eine Stichwahl im Januar nötig macht, hat zu teils schweren Ausschreitungen
       geführt. Anhänger der unterlegenen Kandidaten errichteten Barrikaden in
       mehreren Vororten der Hauptstadt Port-au-Prince. Das Hauptquartier der
       Regierungspartei wurde angezündet, wie ein Reporter der französischen
       Nachrichtenagentur AFP aus der Hauptstadt berichtet.
       
       Grund für die Proteste war die Erklärung der provisorischen Wahlkommission,
       nach deren Angaben sich die frühere First Lady Mirlande Manigat und der von
       der Regierung unterstützte Kandidat Jude Celestin für die Stichwahl
       qualifiziert haben. Zunächst läuft noch bis zum 20. Dezember eine Frist, in
       der Einsprüche gegen das vorläufige Ergebnis vorgebracht werden können. Die
       USA äußerten Zweifel an dem Wahlergebnis, durch das wider Erwarten der
       Regierungskandidat in die Stichwahl gelangte.
       
       In Petionville nahe der Hauptstadt gingen hunderte vermummte Jugendliche
       auf die Straße und zündeten unter anderem Geschäfte an. Demnach waren auch
       Schüsse zu hören. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Protestierenden
       ein. Radiosender berichteten von Demonstrationen auch aus anderen Städten.
       
       Am Dienstagabend (Ortszeit) hatte der Wahlrat des Landes verkündet, dass
       über den neuen haitianischen Präsidenten in einer Stichwahl entschieden
       werden muss. Demnach kam die frühere Präsidentengattin Mirlande Manigat bei
       den Wahlen vom 28. November auf 31 Prozent der Stimmen. Der Kandidat der
       Regierungspartei, Jude Célestin, konnte etwas über 22 Prozent der Stimmen
       auf sich verbuchen. Beide sollen nun am 16. Januar gegeneinander antreten.
       
       Der bekannte Sänger Michel Martelly, der zu den aussichtsreichsten
       Kandidaten gezählt hatte, landete mit knapp 22 Prozent der Stimmen hinter
       Célestin auf dem dritten Platz. Dem Wahlrat zufolge trennten ihn nur knapp
       7000 Stimmen von Célestin. "Unser Kandidat wurde fertiggemacht", sagte
       einer der Demonstranten, die spontan für Martelly auf die Straße gingen.
       "Wir werden das ganze Land blockieren." Martelly hatte bereits zuvor
       mehrfach Wahlbetrug angeprangert.
       
       Die US-Botschaft reagierten "besorgt" über die "inkohärenten"
       Wahlergebnisse. Der zweite Platz für den Regierungskandidaten Célestin
       stimme nicht mit Ergebnissen überein, die der Nationale Wahlbeobachtungsrat
       (CNO) veröffentlicht habe. Der von der EU finanziell unterstützte
       Wahlbeobachtungsrat, der 5500 Beobachter bei dem Urnengang im Einsatz
       hatte, hatte Célestin am Montag auf dem dritten Platz gesehen.
       
       Die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 28. November war von Anfang an
       von Betrugsvorwürfen überschattet worden. Zwölf der insgesamt 18 Kandidaten
       für das Präsidentenamt hatten wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten eine
       Annullierung des Urnengangs gefordert. Fast alle aussichtsreichen
       Kandidaten warfen Staatschef René Préval und der Wahlbehörde Betrug vor und
       erklärten, der Amtsinhaber wolle die Abstimmung zugunsten Celestins
       beeinflussen. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern rivalisierender
       Kandidaten gab es mehrere Tote. Und bei der Auszählung wurden klar
       manipulierte Strichlisten entdeckt.
       
       Die nepalesische Armee wies unterdessen eine Untersuchung zurück, wonach
       ihre Soldaten für den Ausbruch der Cholera-Epidemie verantwortlich sind. Es
       handle sich um "hypothetische Schlussfolgerungen", die ohne belastbare
       Beweise gezogen worden seien, sagte ein Armeesprecher in Kathmandu. Zuvor
       hatte ein französischer Bericht ergeben, dass die UN-Blauhelmsoldaten aus
       Nepal die Cholera nach Haiti einschleppten.
       
       Ein mit der noch nicht veröffentlichten Untersuchung Vertrauter sagte, eine
       große Menge Fäkalien sei wahrscheinlich vom nepalesischen Lager auf einen
       Schlag in den Fluss Artibonite gelangt und habe diesen mit den
       Krankheitserregern verseucht. Dies sei "die logischste Erklärung".
       
       Gerüchte, wonach der Erreger von den Nepalesen stammte, hatten Mitte
       November zu gewaltsamen Protesten gegen Vertreter der UN-Friedensmission
       geführt; dabei starben mindestens drei Menschen. Die UN-Mission wies die
       Vorwürfe zurück. Durch die Cholera starben bisher mehr als 2000 Menschen in
       Haiti.
       
       8 Dec 2010
       
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