# taz.de -- Kritik der Johannes B. Kerner-Show: Mitten im Posenkrieg
       
       > Mit großem Aufwand hat Kerner aus Afghanistan eine Sendung mit
       > Verteidigungsminister Guttenberg gedreht. Es war eine Kriegsshow, die vor
       > allem den Hauptdarstellern nutzen sollte.
       
 (IMG) Bild: In Hochform: Johannes B. Kerner.
       
       Ein Fernsehauftritt inmitten seiner Soldaten in Afghanistan war die einzig
       mögliche Steigerung der Guttenberg-Show. Alle Sonnenbrillen-über-Kunduz-
       und Minister-im-Schützengraben-Bilder sind längst gemacht. Donnerstagabend
       war es so weit, Guttenberg zu Gast bei "Kerner", der für den
       Verteidigungsminister nach Masar-i-Sharif gereist war.
       
       Selten ist eine TV-Sendung mit einer solchen Bugwelle dahergekommen. Das
       war sicher das Kalkül Guttenbergs. "Ich kann nur sagen, wie dankbar ich
       bin, dass so eine Sendung mal aus dem Einsatzgebiet gezeigt wird", sagte
       er.
       
       Mit Demut ging es in der Dramaturgie weiter: Truppenführer Steffen Plange
       durfte sagen, dass er für die Kinder nach Afghanistan kommt, ein anderer
       wurde beim traurigen Abschied von seiner Frau gezeigt. Wer sich seiner
       Gefühle noch nicht sicher war, dem half Sat.1 mit viel dramatischer
       Hintergrundmusik.
       
       An einem solchen Tag im Krieg hatten selbstverständlich auch die
       unangenehmen Themen des Einsatzes Platz im Programm. Über das zunehmende
       Problem der Kriegstraumata solle man offen reden und sich nicht schämen,
       riet Guttenberg - hinter ihm ein ins Behelfsstudio gehievter
       Kampfhubschrauber.
       
       Schließlich durfte auch noch ein Soldat in voller Ausrüstung auf die Bühne
       (Guttenberg: "So laufen die bei 40, 50 Grad herum"). Die kostet natürlich
       Geld. Daran sparen? "Soweit kommt's noch, dass wir an der Ausrüstung der
       Soldaten im Einsatz sparen", sagte Guttenberg. Es hatte die Anmutung einer
       Etatverhandlung vor laufenden Kameras. Welcher popelige Haushaltspolitiker
       würde es jetzt noch wagen, den Wehretat anzutasten?
       
       Guttenbergs Auftritt bei Kerner beschließt ein Jahr, das den Minister in
       immer höhere Sphären gehoben hat, und in dem jede Krise an ihm
       vorbeizugehen schien. Dass er sich in einem Untersuchungsausschuss immer
       noch für die Bombennacht von Kunduz im September 2009 verteidigen muss,
       nach der er unter fraglichen Umständen Generalinspekteur wie Staatssekretär
       entließ, spielt in der Öffentlichkeit kaum noch eine Rolle.
       
       Dass er Sparzwänge zum Anlass nahm, um die Wehrpflicht abzuschaffen und die
       Bundeswehr zu verkleinern, er nun aber mit der Reform gar nicht mehr spart
       - an ihm abgeprallt.
       
       Dass die deutschen Soldaten in Afghanistan und auch zu Hause an Akzeptanz
       einbüßen (Kerner: "Die Zahlen werden Sie nicht freuen: 71 Prozent sind
       gegen den Einsatz"): kein Problem für den Verteidigungsminister.
       
       Stattdessen erlebt Guttenberg mediale Festtage. Der Focus kürte ihn jüngst
       zum "Mann des Jahres", bei Thomas Gottschalks Jahresrückblick wurde
       Guttenberg gefeiert. Zudem ist seine Frau mit der RTL2-Kinderschänderhatz
       "Tatort Internet" und der Afghanistanreise an der Seite ihres Gatten zu
       einer medial ähnlich präsenten Figur geworden.
       
       Der Amerika-Fan Guttenberg will damit Akzeptanz schaffen. Für sich, seine
       Arbeit und den Einsatz in Afghanistan. Er weiß, dass es in Amerika
       funktioniert. Präsident Bush auf dem US-Flugzeugträger ("Mission
       accomplished!"), Präsident Obama beim Bad in der Menge.
       
       Guttenbergs Staatssekretär schrieb vor der Sendung an den Grünen
       Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele: "Über das Gespräch ist eine
       emotionale Bindung der Zuschauer im Heimatland mit den Einsatzkräften zu
       erreichen … und das öffentliche Ansehen und die Akzeptanz des Auftrages der
       Bundeswehr in Afghanistan zu fördern."
       
       Das kann in Deutschland nicht funktionieren. Aus gutem Grund ist unser
       Verhältnis zum Krieg anders als das der USA, aus gutem Grund gehen
       Deutschland, Krieg und Stolz nicht zusammen. Vor lauter transatlantischer
       Weltsicht hat Guttenberg das offenbar nicht erkannt.
       
       Auch wenn man nicht für den Einsatz sei, müsse man drüber reden, waren die
       Schlussworte von Moderator Kerner. Richtig, so weit. Aber Pose,
       Selbstdarstellung, Hubschrauber im Hintergrund, Gestus des Heldenhaften -
       das alles hilft der Diskussion über einen blutigen Kriegseinsatz in
       Afghanistan nicht. Einem half es sicher: der TV-Gestalt Guttenberg -
       Kerners Show hingegen nicht: Durchschnittlich nur 1,01 Millionen Zuschauer
       (Marktanteil: 7,2 Prozent) haben den Ausflug nach Masar-i-Sharif
       eingeschaltet
       
       17 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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