# taz.de -- Seehofer in Prag: Bayern und Tschechien nähern sich an
       
       > Bayerns Ministerpräsident Seehofer und Tschechiens Regierungschef Necas
       > überwinden die jahrzehntelange politische Eiszeit. Den Streit um die
       > Benes-Dekrete klammern sie aus.
       
 (IMG) Bild: Und wer schaut jetzt nach vorne? Horst Seehofer und Petr Necas.
       
       PRAG/MÜNCHEN dpa | Nach jahrzehntelangem Streit um die Vertreibung von
       Sudetendeutschen haben Bayern und Tschechien die lange Eiszeit an der
       politischen Spitze überwunden. Beim ersten offiziellen Besuch eines
       bayerischen Ministerpräsidenten seit Ende des Zweiten Weltkrieges traf
       CSU-Chef Horst Seehofer am Montag den tschechischen Regierungschef Petr
       Necas in Prag. "Wir wollen jetzt ein neues Kapitel unserer Beziehungen
       aufschlagen, und dazu haben wir den ersten Schritt getan", sagte Seehofer.
       
       Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 hatten die Beziehungen unter dem
       Konflikt um die Vertreibung der drei Millionen Sudetendeutschen gelitten.
       Eine Normalisierung des Verhältnisses war bislang immer daran gescheitert,
       dass die CSU-geführten Staatsregierungen die Rücknahme der Benes-Dekrete
       zur Bedingung machten, die nach Kriegsende 1945 Grundlage der Vertreibung
       von Deutschen und Ungarn aus der damaligen Tschechoslowakei waren.
       
       Seehofer und Necas lösten diesen Streit nicht, räumten ihn aber beiseite.
       "Was wir nicht vermeiden konnten, sind die unterschiedlichen Ansichten zur
       Vergangenheit", sagte Necas. "Wir sind uns einig, dass wir gemeinsam den
       Blick in die Zukunft richten wollen", betonte Seehofer. In dem gemeinsamen
       Kommuniqué wird die Vertreibung nicht erwähnt.
       
       Die zweite langjährige bayerische Bedingung wurde erfüllt: die Mitreise
       eines Vertreters der Vertriebenen in der Delegation. Seehofer wurde von
       Bernd Posselt begleitet, dem Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und
       CSU-Europapolitiker.
       
       Aktuelles Thema in Tschechien ist aber die bayerische Schleierfahndung im
       Grenzraum, von der sich viele Tschechen diskriminiert fühlen. Seehofer
       schlug deswegen gemeinsame Kontrollen der Polizisten beider Länder vor. Er
       versicherte, dass die Kontrollen sich nicht gegen die tschechische
       Bevölkerung richten: "Wir sind sehr daran interessiert, dass niemand den
       Eindruck gewinnt, hier würde einseitig etwas Belastendes geschehen." Necas
       war erfreut und begrüßte den Vorschlag gemeinsamer Kontrollen.
       
       Ansonsten moniert die tschechische Regierung den schleppenden Ausbau der
       Verkehrsverbindungen auf der deutschen Seite. So gibt es nach wie vor keine
       schnelle Bahnverbindung von München nach Prag, obwohl die Stadt an der
       Moldau die nächstgelegene europäische Hauptstadt ist.
       
       20 Dec 2010
       
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