# taz.de -- Kommentar Seehofer in Tschechien: Fast schon auf der Höhe der Zeit
       
       > Horst Seehofers Besuch in Tschechien ist Ausdruck davon, dass manche
       > Gesten der Versöhnung ihre Zeit brauchen. Er zeigt aber auch, wie viel
       > sich in beiden Ländern geändert hat.
       
       Als sich Edmund Stoiber vor drei Jahren in seinen letzten Tagen als
       bayerischer Ministerpräsident von den Sudetendeutschen verabschiedete,
       hatten nicht wenige der 7.000 Zuhörer im Saal, so wurde berichtet, Tränen
       in den Augen. Der CSU-Politiker und "Schirmherr" der Vertriebenen aus dem
       heutigen Tschechien erinnerte in Augsburg daran, dass sein erster
       öffentlicher Auftritt als Landesvater 14 Jahre zuvor eine Rede auf einem
       Treffen der Sudetendeutschen Landsmannschaft gewesen war.
       
       Dieses Pathos und diese Nähe waren typisch für alle bayerischen
       Ministerpräsidenten, die sich seit Gründung der Bundesrepublik in
       besonderer Weise um die rund drei Millionen Sudetendeutschen gekümmert
       haben, die nach dem Krieg aus ihrer Heimat verwiesen und enteignet wurden.
       Nur vor diesem Hintergrund ist die Brisanz des ersten offiziellen Besuchs
       von Horst Seehofer als bayerischer Ministerpräsident in Prag zu ermessen.
       
       Natürlich hat es etwas Lächerliches, wenn 20 Jahre nach dem Fall der Mauer
       noch Altlasten des Kalten Krieges aufgeräumt werden müssen. Aber in Bayern
       gehen die Uhren eben etwas anders - und manche Gesten der Versöhnung
       brauchen ihre Zeit, so seltsam das Jüngere und Leute von außerhalb anmuten
       mag.
       
       Der Besuch Seehofers in Prag zeigt aber auch, wie viel sich in beiden
       Ländern geändert hat: In Tschechien reagiert die Öffentlichkeit ganz
       offensichtlich nicht mehr so allergisch auf einen Vertriebenenvertreter,
       der in der Entourage des CSU-Politikers ebenfalls an die Moldau fährt - das
       wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen.
       
       Es zeigt zudem, dass die CSU die Vertriebenen als Wählerschaft für immer
       unwichtiger hält. Seehofer meint, es sich leisten zu können, ein paar von
       ihnen mit seinem Pragbesuch zu verprellen - auch das ist ein gutes Zeichen.
       
       20 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
       
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