# taz.de -- Kleinmachnow vs. Schönefeld: Gemeinde will Flughafen abschießen
       
       > Kleinmachnow hat Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für den
       > Flughafen BBI eingereicht - weil die Einwohner nicht angehört wurden.
       
 (IMG) Bild: Lokal denken, global schreiben: Protestplakat der Flugroutengegner
       
       Am Anfang ging es nur gegen die im September bekannt gewordenen Flugrouten.
       Nun soll der gesamte Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI)
       gestoppt werden. Eine entsprechende Klage haben der Bürgermeister der
       Gemeinde Kleinmachnow, Michael Grubert, zwei Bürger aus Kleinmachnow und
       Rangsdorf sowie die Wohnungsbaugesellschaft Gewog am 23. Dezember beim
       Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. "Der
       Planfeststellungsbeschluss ist von falschen Voraussetzungen ausgegangen",
       sagte Grubert am Montag bei der Bekanntgabe der Klage.
       
       Mit der sogenannten Anfechtungsklage haben die Gegner der Flugrouten Ernst
       gemacht. Angedroht hatten sie sie bereits am 10. Dezember. An diesem Tag
       war ein Brief des ehemaligen Flughafenchefs Götz Herberg aufgetaucht, aus
       dem hervorging, dass die Deutsche Flugsicherung (DFS) schon 1998
       abknickende Flugrouten nach Parallelstarts auf den Startbahnen von BBI ins
       Spiel gebracht hatte. Herberg hatte die Bundesregierung in seinem Schreiben
       deshalb gebeten, auf die DFS einzuwirken und von den abknickenden Routen
       Abstand zu nehmen.
       
       Hintergrund war die Furcht vor Klagen von Anwohnern, weil die um 15 Grad
       abschwenkenden Starts weit mehr Menschen im Südwesten Berlins und im
       angrenzenden Brandenburg dem Fluglärm aussetzen würden als bei einem
       Geradeausflug. Sowohl Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit als
       auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) hatten
       immer wieder behauptet, erst im September von den abknickenden Flugrouten
       erfahren zu haben. Aus Protest gegen die damals vorgestellten Routen
       gründeten sich mehr als 30 Bürgerinitiativen, die wöchentlich
       Demonstrationen mit mehreren tausend Teilnehmern organisieren.
       
       Als Anwalt hat Kleinmachnows Bürgermeister Christian von Hammerstein von
       der Anwaltssozietät Raue verpflichtet - eine Kanzlei, die bereits in
       Nordrhein-Westfalen für den Baustopp eines millionenschweren
       Steinkohlekraftwerks sorgte. Hammerstein erklärte am Montag, bei der Klage
       gehe es um die Wiedereinsetzung in den Zustand vor dem
       Planfeststellungsbeschluss. "Diesem Beschluss liegt ein Flugroutenkonzept
       zugrunde, von dem alle wussten, dass es nicht funktionieren kann."
       
       Tatsächlich hatte die DFS 1998 dem Druck offenbar nachgegeben. Um lange
       Klagen zu vermeiden, wurden nur Geradeausstarts als Grundlage für den
       Planfeststellungsbeschluss genannt. Das Schreiben von Herberg verschwand
       aus den Akten. "Das ist ein eklatantes Staatsversagen. Jeglicher
       Kontrollmechanismus hat versagt", kritisiert Michael Lipoldt, Sprecher der
       Initiative "Weg mit Flugrouten".
       
       Mit der Klage soll den Anwohnern von Kleinmachnow nun im Nachhinein die
       Möglichkeit zur Anhörung gegeben werden. "Diese Möglichkeit wurde uns
       bislang verwehrt, weil im Planfeststellungsverfahren von einem Überflug von
       Kleinmachnow gar nicht die Rede war", sagte SPD-Bürgermeister Grubert.
       
       Dass seine Gemeinde möglicherweise zum Platzen eines für die Region überaus
       wichtigen Milliardenprojekts beitragen könne, will Grubert nicht gelten
       lassen. "Die Verantwortung tragen andere, wir lassen uns den Schwarzen
       Peter nicht zuschieben." Allerdings kündigte Grubert an, bei einer
       Entscheidung der DFS für Geradeausstarts die Klage zurückzuziehen.
       Andernfalls soll das Verfahren "praktisch wieder auf null zurück" und neu
       aufgerollt werden, sagte Grubert. Dazu gehöre auch eine Prüfung von
       Alternativstandorten wie dem Ort Sperenberg in Südbrandenburg. Der
       Dimension seines Tuns ist sich Grubert bewusst: "Ein Milliardenprojekt wie
       Schönefeld zu stoppen, hat es in der deutschen Nachkriegsgeschichte noch
       nicht gegeben."
       
       Anwalt Hammerstein rechnet damit, dass sich das Leipziger
       Bundesverwaltungsgericht in der ersten Jahreshälfte 2011 mit dem Thema
       beschäftigt. Die Chancen seien durchaus realistisch, sagte er.
       
       27 Dec 2010
       
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 (DIR) Uwe Rada
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