# taz.de -- Kommentar zu Anschlägen in Ägypten: Falscher Zungenschlag
       
       > Das Schlagwort von der "Christenverfolgung" ist fragwürdig und dient zu
       > propagandistischen Zwecken. Heute bilden Christen schließlich keine
       > kleine Sekte mehr
       
       Das Attentat auf eine Kirche in Alexandria hat in Deutschland große
       Empörung ausgelöst. Mancherorts mischt sich in die Anteilnahme mit den
       Opfern aber auch ein falscher Zungenschlag. Etwa, wenn der EKD-Vorsitzende
       Nikolaus Schneider davor warnt, 2011 dürfe "kein Jahr der
       Christenverfolgung" werden. Oder, wenn dieser Begriff nun in der
       Berichterstattung von Bild bis Süddeutscher Zeitung seinen Eingang findet.
       
       Sicher ist die Lage für christliche Minderheiten in Ländern wie Ägypten
       schwierig, im Irak sogar dramatisch. Das Wort von der Christenverfolgung
       setzt ihr Schicksal aber mit dem der frühen Christen gleich, die im
       Römischen Reich einst verfolgt, gekreuzigt oder den Löwen zum Fraß
       vorgeworfen wurden. Diese Gleichsetzung ist zumindest fragwürdig. Heute
       bilden Christen schließlich keine kleine Sekte mehr, die um ihr Überleben
       ringen muss, sondern die größte Religionsgemeinschaft der Welt.
       
       Trotzdem verstieg sich Papst Benedikt erst jüngst zu der Behauptung,
       Christen seien die weltweit derzeit "die am meisten wegen ihres Glaubens
       verfolgte Gruppe". Dabei werden die Christen in Ländern wie China,
       Nordkorea, Pakistan oder Ägypten ja nicht exklusiv diskriminiert.
       Drangsaliert werden dort alle, die anders als die Mehrheit oder die
       herrschende Partei denken und glauben. Deshalb greift es etwas kurz, sich
       in solchen Ländern nur für die Rechte der Christen einzusetzen, wie es
       manche Unionspolitiker tun, statt für die Menschenrechte insgesamt.
       
       Evangelikalen Gruppen wie konservativen Katholiken dient das Schlagwort von
       der "Christenverfolgung" zu propagandistischen Zwecken. Dass sie zugleich
       weltweit aktiv für den eigenen Glauben missionieren, macht sie dabei nicht
       nur unglaubwürdig. Es heizt auch die Rivalität zwischen den Religionen
       weiter an.
       
       4 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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