# taz.de -- Kommentar Linkspartei: Endlose Vergangenheit der Linkspartei
       
       > Die Linken-Führung, die sich im eigenen Milieu verbarrikadiert, hat kein
       > Recht, sich zum Opfer zu stilisieren. Sie sollte sich stattdessen von
       > starrsinnigen Nostalgikern distanzieren.
       
       Manche Zeitungen sind in diesen Tagen rüde mit Gesine Lötzsch umgesprungen.
       Sie haben ihre Kommunismussätze vergröbert und zugespitzt - und einfach
       übersehen, dass die Linksparteichefin in dem Text eigentlich solide
       reformistisch den Weg als Ziel beschrieben hat. Jetzt hält sich Lötzsch für
       ein Opfer der Konzernmedien. Doch die Linkspartei-Führung, die sich nun im
       eigenen Milieu verbarrikadiert, hat kein Recht, sich zum Opfer zu
       stilisieren. Nicht bei diesem Thema.
       
       Die Linkspartei hat, wenn es um ihre Vergangenheit geht, genug Grund zu
       Selbstkritik und ganz leisen Tönen. In der PDS haben sich in den letzten 20
       Jahren viele, von Petra Pau bis Lothar Bisky, redlich um glaubwürdige
       Distanz zum DDR-Unrecht bemüht. Sie haben millimeterweise die Ostalgie
       zurückgedrängt und einigermaßen erträgliche Beschlüsse zu Mauerbau und
       Stasi erwirkt. Doch auch die Ostreformer sind nie so weit gegangen, einen
       harten Trennungsstrich zum Milieu der Stasi-Rentner zu markieren. Denn
       dieses Milieu ist, wenn auch in schwindendem Maße, ja Teil der eigenen
       Basis im Osten. Außerdem ist die Vergangenheitsbewältigung mit der Fusion
       mit den Westgewerkschaftern fast zum Stillstand gekommen. Lafontaine & Co
       waren alle Versuche der Ost-Reformer, aus der eigenen totalitären
       Vergangenheit klug zu werden, egal, wenn nicht lästig. Kürzlich
       veröffentlichte Lafontaine in dem Stasi-Nostalgie-Blättchen Rotfuchs einen
       Artikel. Ein Text als Symbol: Es gibt keine moralischen Schranken mehr.
       
       Der Skandal ist nicht Lötzschs eher harmloser Text. Der Skandal ist, dass
       beträchtliche Teile der Linkspartei nach wie vor mit dogmatischen
       Sektierern, starrsinnigen DDR-Nostalgikern und Anhängern autoritärer Regime
       von Iran bis Kuba verwoben sind. Von Lötzsch bis Lafontaine halten viele
       diese bizarre Mischung von jungen Linksradikalen und dem letzten Aufgebot
       des Realsozialismus für einen normalen Teil der Partei.
       
       Wenn die Linkspartei nicht doch noch als letzte Traditionskompanie des
       autoritären Sozialismus enden will, muss sie sich zu einem linken
       Antitotalitarismus durchringen. Der schließt radikale Kapitalismuskritik
       keineswegs aus, Elogen auf die Stasi und Iran aber schon.
       
       Die Anhängerschaft der Partei nimmt die Abstürze des Führungsduos Klaus
       Ernst und Gesine Lötzsch und das Kokettieren mit Totalitären erstaunlich
       gelassen hin. Wie lange noch?
       
       9 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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