# taz.de -- Berlusconi unter Beschuss: Immunität auf dem Prüfstand
       
       > Das Verfassungsgericht in Rom entscheidet ab Dienstag über die
       > Rechtmäßigkeit der Immunitätsgesetze. Dem Regierungschef drohen mehrere
       > Verfahren.
       
 (IMG) Bild: Regierungstauglich? Das Verfassungsgericht könnte die Immunität von Premier Silvio Berlusconi kippen.
       
       ROM taz | Muss Silvio Berlusconi bald wieder vor Gericht? Von Dienstag an
       berät das Verfassungsgericht in Rom über das vorerst letzte
       Immunitätsgesetz, mit dem sich Italiens Ministerpräsident juristischer
       Verfolgung entzog. Sollte das Gesetz als verfassungswidrig verworfen
       werden, kämen gleich drei Verfahren gegen den Regierungschef sofort wieder
       in Gang.
       
       Seit seinem Eintritt in die Politik im Jahr 1994 schlägt Berlusconi sich
       mit der Justiz herum, musste er sich in zahlreichen Prozessen wegen
       Bestechung, Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung verantworten. Verurteilt
       wurde er bisher allerdings nie. Das verdankt er seinen in
       Prozessverzögerung erfahrenen Anwälten und so mancher Gesetzesänderung, die
       zum Beispiel Verjährungsfristen für die Straftaten verkürzte. Das Ergebnis:
       Gleich sechsmal kam Berlusconi wegen Verjährung davon. Seine Juristen -
       alle Abgeordnete im Parlament - spielten die Karte immer neuer
       Immunitätsgesetze mit viel Erfolg.
       
       Das vorerst letzte Gesetz wurde im April 2010 verabschiedet; es ist das
       Gesetz über die sogenannten legitime Verhinderung. Danach können der
       Regierungschef und seine Minister im Falle einer Anklage sich selbst
       attestieren, dass sie aufgrund ihrer Amtspflichten leider unabkömmlich
       seien und deshalb nicht auch noch Zeit für einen Prozess aufbringen
       könnten.
       
       Dieses Attest ist zweimal verlängerbar - das bedeutete insgesamt 18 Monate
       Ruhe vor Staatsanwälten und Richtern. Allen war bei der Verabschiedung
       klar, dass dieses Gesetz mit der heißen Nadel gestrickt war. Es sollte
       Berlusconi und seiner Regierungskoalition Zeit verschaffen, damit sie in
       Ruhe eine Verfassungsänderung vornehmen könnten.
       
       Doch zu dieser Verfassungsänderung kam es bisher nicht, da sich im letzten
       Jahr die Anhänger Gianfranco Finis von Berlusconis Partei abspalteten und
       er damit die Mehrheit verlor. Zwar gewann Berlusconi am 14. Dezember 2010
       das Vertrauensvotum mit drei Stimmen Vorsprung, konnte aber nur 314 der 630
       Abgeordneten für sich gewinnen.
       
       Deshalb geht von dem Beschluss des Verfassungsgerichts, dessen Bekanntgabe
       für Donnerstag erwartet wird, höchste Gefahr für die Regierung aus. Sollten
       die obersten Richter das Immunitätsgesetz verwerfen, so droht Berlusconi
       eine schnelle Verurteilung in dem Prozess um die Bestechung des britischen
       Rechtsanwalts David Mills.
       
       Berlusconi soll Mills mit 600.000 Dollar geschmiert haben, damit der sein
       detailliertes Wissen über schwarze Berlusconi-Auslandsfirmen nicht
       gegenüber der italienischen Justiz preisgab. Zwar kam Mills im Februar 2010
       letztinstanzlich davon, weil seine Straftat verjährt war, das Gericht hielt
       aber fest, die Bestechung habe stattgefunden. Berlusconi droht deshalb bei
       Fortsetzung seines Prozesses ein schneller Schuldspruch.
       
       Zudem kämen zwei Verfahren wieder ins Rollen, in denen es um
       Steuerhinterziehung geht: Firmen aus Berlusconis Imperium sollen beim
       Rechtehandel mit überhöhten Rechnungen mehr als hundert Millionen Euro am
       Fiskus vorbeigeschleust haben.
       
       10 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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