# taz.de -- Aufarbeitung des Bahn-Chaos: Hoffen auf bessere Witterung
       
       > Die Verkehrsminister der Länder fordern, Bahn-Gewinne in die
       > Infrastruktur zu stecken. Die Bahn und ihre Technik-Hersteller schieben
       > sich gegenseitig die Schuld zu.
       
 (IMG) Bild: Bedingt winterfest: Die Bahn hat ihre Infrastruktur zu lange vernachlässigt.
       
       BERLIN taz | Die Bahn soll besser werden und mehr Geld kriegen: Wegen der
       massiven Probleme der Deutschen Bahn AG mit der winterlichen Witterung im
       Dezember forderten die Verkehrsminister der Bundesländer den Bund als
       Eigentümer des Mobilitätskonzerns am Montag auf, etwaige Gewinne im System
       Schiene zu belassen. Hier gebe es einen riesigen Investitionsbedarf sowohl
       bei der Infrastruktur als auch beim rollenden Material, hieß es im
       Anschluss an ein Treffen der Länderverkehrsminister mit Bahnchef Rüdiger
       Grube.
       
       Hintergrund ist die Forderung der schwarz-gelben Bundesregierung an die
       Bahn, jährlich 500 Millionen Euro als Dividende an den Bund abzuführen.
       Koalitionspolitiker und Bundesfinanzministerium hielten am Montag an dieser
       Forderung fest. Bund und Länder sind bei dem Treffen mit Grube hart ins
       Gericht gegangen.
       
       "Die anhaltenden Probleme haben ein Ausmaß angenommen, das ein Tätigwerden
       des Bundes erfordert", sagte der brandenburgische Verkehrsminister und
       Vorsitzende der Verkehrministerkonferenz, Jörg Vogelsänger (SPD), im
       Anschluss an die Sitzung. Die bei der DB erwirtschafteten Gewinne müssten
       zum Abbau der Schwachstellen führen. Zuvor musste Grube im
       Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses Rede und Antwort zum
       Chaos bei der S-Bahn der Hauptstadt stehen, einer Tochterfirma der Bahn.
       
       Auch das Bundesverkehrsministerium ist mit dem Winterchaos bei der Bahn,
       bei dem bundesweit Fern- und Regionalzüge ausfielen – übrigens auch private
       Reisebusse und Flugzeuge – unzufrieden. Das Ministerium forderte, "eine
       kundengerechte Angebotsgestaltung auch bei schwierigen
       Witterungsbedingungen zu gewährleisten", sagte Verkehrsstaatssekretär
       Klaus-Dieter Scheurle (CDU). Diese müsse sowohl den klimatischen Bedinungen
       im Sommer als auch im Winter gerecht werden. Kurzfristig müsse nun die
       Instandhaltung intensiviert werden, langfristig müsse an eine Erneuerung
       des rollenden Materials gedacht werden.
       
       Letzteres dürfte sehr teuer werden – und bis zu 50 Milliarden Euro kosten,
       wie Sachsens Verkehrsminister Sven Morlock (FDP). Über Jahre sei versäumt
       worden zu investieren. "Das rächt sich jetzt." So sei die Stadt Hoyerswerda
       in der Lausitz im Dezember tagelang vom Bahnverkehr abgeschnitten worden.
       
       Die Bahnindustrie hat sich am Montag gegen den Vorwurf von
       Konstruktionsmängeln verwahrt. Die deutschen Bahntechnik-Hersteller
       produzierten nach dem aktuellen Stand der Technik, anerkannten Normen und
       nach Kundenwünschen, erklärte der Verband der Bahnindustrie in Deutschland
       am Montag. Sie seien seit Jahren Weltmarktführer, die Produkte für die
       verschiedensten Klimazonen herstellten. Die Hersteller berücksichtigten
       witterungsbedingte Anforderungen bei Entwicklung und Fertigung. Die großen
       Bahnbetreiber seien in den Prozess eingebunden, zudem überprüfe das
       Eisenbahn-Bundesamt die Technik. Das Zusammenspiel von Technik und Wartung
       sei ein entscheidender Faktor für funktionierende Bahntechnik" sei. Die
       Bahn führe die Wartung ihrer Zugflotte in Eigenregie durch.
       
       Bahnchef Grube hatte zuvor erneut Konstruktionsmängel bei den Zügen für die
       Probleme bei der Berliner S-Bahn verantwortlich gemacht. "Die Achillesferse
       ist die Baureihe 481", so Grube. Bei dieser jüngsten Baureihe lege
       Flugschnee Motoren lahm, und die Achsen und Räder seien aus einem falschen
       Material. "Das habe ich in meiner ganzen Laufbahn in der Industrie noch nie
       erlebt."
       
       Wer also hat Schuld am Chaos bei der Bahn - die Hersteller oder der
       Betreiber? "Wie so oft im Leben liegt die Wahrheit in der Mitte", sagte der
       rheinland-pfälzische Verkehrsminister Hendrik Hering (SPD). "Die Bahn muss
       jetzt qualitativ neu aufgestellt werden." Der Bund müsse auf eine Dividende
       von der Bahn verzichten.
       
       Bahn-Chef Rüdiger Grube versprach Verbesserungen. Garantien für den
       nächsten Winter könne er zwar nicht geben, sagte er nach dem Treffen. Doch
       die Bahn gebe sich alle Mühe, dass es nicht erneut zu ähnlichen
       Einschränkungen komme.
       
       10 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Richard Rother
       
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