# taz.de -- Kommentar Tunesien: Ein Sieg der mutigen Tunesier
       
       > Die vorgezogene Neuwahl ist ein Sieg über Tyrannei, Zynismus und
       > Korruption. Auffällig ist, dass europäische Politiker zu den Zuständen in
       > Tunesien hartnäckig schweigen.
       
 (IMG) Bild: Ein Feuer brennt in Tunis, auf dem Bild ist auch ein Plakat des tunesischen Präsidenten Ben Ali zu sehen.
       
       Es sind Studenten, Intellektuelle, Arbeiter, Künstler, Familienmütter und
       Väter, die das Regime Ben Ali in Tunesien ins Wanken gebracht haben. Es ist
       die gesamte Gesellschaft, die rebelliert. Eine Gesellschaft, die durch
       jahrzehntelange Repression geschwächt ist, deren Bürger aber gut
       ausgebildet, aufgeklärt und dank Internet und moderner Medien gut
       informiert sind. Und keine Islamisten, nirgends.
       
       Dass Tunesiens Noch-Präsident Ben Ali jetzt eine Übergangsregierung
       einberufen will und Neuwahlen angekündigt hat, ist ein Sieg mutiger
       Tunesier über Tyrannei, Zynismus und mafiöse Korruption. Ben Ali muss
       gehen, seine Familie soll bereits im Ausland sein.
       
       Auffällig ist, wie ausdauernd europäische Politiker und die EU-Kommission
       zur Unterdrückung in Tunesien schwiegen. Das hässliche Gesicht der Diktatur
       hat, solange Ruhe im Land herrschte, in Europa niemanden wirklich
       interessiert. Es konnte für ungestörte Geschäfte und Investitionen
       schöngeredet werden. Frankreich, Italien und Deutschland pflegten gute
       wirtschaftliche Beziehungen zu Tunis, deutsche und spanische
       Reiseunternehmen ihre Rendite.
       
       Europa muss jetzt Tunesiens Zivilgesellschaft unterstützen. Nicht nur um
       seinen Prinzipien von Demokratie und Freiheit - jenseits der
       Handelsfreiheit - gerecht zu werden. Sondern auch weil es politischen
       Gewinn verspricht. Nur so kann der "Vorhof Europas" befriedet werden. Und:
       Es hätte Signalwirkung in der ganzen Region, von Marokko bis Syrien.
       
       Viele arabische Präsidenten und selbst ernannte Revolutionsführer blicken
       mit Schrecken nach Tunis. Sie fürchten zu Recht, bald könnte ihnen in
       Kairo, Damaskus oder Tripolis Ähnliches blühen, wenn der Funke überspringt
       und sich in ihren Ländern der Volkszorn entlädt.
       
       Doch all diese verkrusteten Diktaturen, die sich mit einer hauchdünnen
       modernen Lackschicht präsentieren, haben keine Zukunft. So könnte Tunesien,
       das immer als Musterland am südlichen Mittelmeer verkauft wurde, zur
       prosperierenden Freihandelszone mit prosperierender Demokratie werden.
       
       14 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Edith Kresta
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Regierungskrise in Tunesien: "Der Präsident muss weg"
       
       Der ursprünglich auf zwei Stunden begrenzte Generalstreik wird zu einer
       Großkundgebung. Forderungen: Demokratie und freie Wahlen. Präsident hat
       Land verlassen.
       
 (DIR) Tunesischer Exil-Oppositioneller Marzouki: "Schlimmer kann es gar nicht werden"
       
       Aus Angst vor dem Islamismus hat Europa arabische Diktatoren wie Ben Ali
       viel zu lange gestützt. Deren Tage sind gezählt, meint der tunesische
       Exil-Oppositionelle Moncef Marzouki.
       
 (DIR) Regierungskrise in Tunesien: Panzer am Flughafen
       
       Der autoritäre Langzeit-Präsident Zine el Abidine Ben Ali hat die
       tunesische Regierung aufgelöst. Inzwischen hat Ben Ali den Ausnahmezustand
       verhängt, die Arme kontrolliert den Flughafen.
       
 (DIR) Demos trotz Zugeständnissen Ben Alis: "Danke, aber es reicht"
       
       Tunesiens Staatschef Ben Ali will zwar nicht mehr kandidieren, doch den
       Demonstranten reicht es nicht. In Tunis versammeln sich inzwischen tausende
       Menschen, um ihn zum Rücktritt zu zwingen.
       
 (DIR) Jugendrevolte in Tunesien: Krawalle trotz Ausgangssperre
       
       In Tunis ist es ungeachtet einer Ausgangssperre in mehreren Armenvierteln
       zu Krawallen gekommen. In der Nacht beruhigte sich die Lage wieder etwas.
       
 (DIR) Tunesiens Präsident: Der Langzeit-Diktator
       
       Mit eiserner Faust regiert Tunesiens Langzeitpräsident Zine El Abidine Ben
       seit 1987 das Land. Der Aufstieg des militärischen Hardliners war
       unaufhaltsam.