# taz.de -- Professorenkrieg an der Uni Leipzig: PR fressen Journalismus auf
       
       > An der Uni Leipzig wird möglicherweise die Zahl der Journalistikstudenten
       > halbiert – zu Gunsten des PR-Studiengangs. Ausdruck eines generellen
       > Trends?
       
 (IMG) Bild: Bedrohte Spezies: Journalistikstudentin aus Leipzig, hier beim Uniradio Mephisto.
       
       BERLIN taz | An der Universität Leipzig bekriegen sich die PR- und
       Journalistik-Professoren. Ihr gemeinsames Institut für
       Kommunikationswissenschaften soll sparen und neu geordnet werden. Am Ende
       steht der Konflikt aber auch für das aktuelle Verhältnis zwischen
       Journalismus und PR: Nach der aktuellen Planung soll die Journalistik einen
       Professor verlieren, die PR gewinnt ihn dazu: für "Umwelt- und
       Gesundheitskommunikation".
       
       "Wenn die Pläne verwirklicht werden, wird der Studiengang Journalistik
       ausgetrocknet und damit de facto abgeschafft", schreibt
       Journalistik-Professor Marcel Machill. Man kann die Sache aber auch so
       sehen: als Machtkampf zwischen Professoren. So geht es Wolfgang Fach, der
       als Prorektor für Forschung und Studium dem Rektorat der Universität
       angehört und der es für unwahrscheinlich hält, dass die Unileitung dem
       Institutsplan zustimmen wird.
       
       Die PR-Professoren haben allerdings gute Gründe, den Kampf jetzt
       auszutragen. Denn sie sitzen gerade am Drücker. "Die wollen ihre Pfründen
       sichern und nutzen die günstige Situation unserer unbesetzten
       Journalistikprofessur", sagt Machill. Im September 2010 war sein Kollege
       Michael Haller in den Ruhestand gegangen – und hatte damit "Manövriermasse"
       hinterlassen. Sollten die aktuellen Pläne umgesetzt werden, gehen den
       Journalisten neben Hallers Professur auch 24 der ehemals 44 Studienplätze
       verloren.
       
       Machill sorgt sich daher nicht als Einziger um die Leipziger Journalistik.
       "Der Ausbildung drohen tiefe Einschnitte", sagt Sabine Bachert-Mertz vom
       DJV Sachsen. Ehemalige Absolventen wie Spiegel-Reporter Alexander Osang und
       die ZDF-Sportmoderatorin Kristin Otto haben am Sonntag einen
       [1][Protestbrief] nach Leipzig geschickt.
       
       Solche Unterstützung tut Machill gut, hatte er doch vor Kurzem bundesweit
       für negative Schlagzeilen gesorgt: [2][Er ließ einen Studenten abmahnen],
       weil dieser ein zu diesem Zeitpunkt nicht erhältliches Buch des Professors
       für seine Kommilitonen gescannt und online gestellt hatte, da sie es für
       die Prüfung brauchten. Auch sonst hat Machill nicht eben viele Freunde in
       Leipzig: Prorektor Fach sagte damals der Süddeutsche Zeitung: "Herr Machill
       ist einmalig, wir haben laufend Probleme mit ihm." Es vergehe praktisch
       kein Semester, in dem er sich mit der "Causa Machill" nicht beschäftigen
       müsse. "Es fehlt mir leider der Löffel, um diesen Brei auszulöffeln."
       
       Auch wenn Machill sich inzwischen von Fach bestätigen ließ, dass es sich
       dabei nicht um "dienstrechtlich relevante" Probleme handelt, zeigt der
       Vorfall, wie sehr er seine Kollegen nervt. Auch Vorgänger Haller sagt,
       Machill sei "aus Sicht der anderen Institutsprofessoren allzu stressig und
       nicht kooperativ". Den Eindruck, dass Machill mit seiner Art dazu
       beigetragen hat, dass die Journalistik im neuen Institutsprofil
       marginalisiert werden soll, teilt auch Fach: "Mit Professor Machill gehen
       die Kollegen anders um als mit einem friedlichen Nachbarn."
       
       Dass die PR ausufert und den Journalismus in Redaktionen genauso wie an
       Universitäten bedrängt, liegt aber beileibe nicht an einzelnen
       Hochschullehrern. Studiengänge, die Journalismus und
       "Kommunikatonsmanagement" munter vermischen, haben Hochkonjunktur. "Die
       PR-Forschung hat zurzeit Wind unter den Flügeln", sagt Haller.
       
       Unternehmen seien gern bereit, in die wissenschaftliche Akzeptanz der PR
       und auch in die wissenschaftliche PR-Ausbildung zu investieren, um
       "akademisch geadelt zu werden". Das ist ein Argument für PR und gegen
       Journalistik, wenn eine Universität sparen muss oder auf Drittmittel
       angewiesen ist.
       
       Ansgar Zerfaß hat beispielsweise eine Stiftungsprofessur für
       "Kommunikationsmanagement in Politik und Wirtschaft", sprich PR. Sie wurde
       mit Mitteln der Stadtwerke Leipzig und des Stromkonzerns Vattenfall über
       mehrere Jahre finanziert. Sein Fachbereich unterhält außerdem Kooperationen
       mit Beratungs- und PR-Agenturen. Von den Partnern verspricht man sich, wie
       es auf der Website des Instituts heißt, "gegenseitige Impulse und
       gemeinsame Projekte". Dass die Journalistik auf derartige Kooperationen
       verzichten muss, ist klar.
       
       24 Jan 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.trice.de/2011/01/23/offener-brief-journalistik/
 (DIR) [2] /1/zukunft/bildung/artikel/1/erst-abmahnen-dann-sprechen/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Strothjohann
       
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