# taz.de -- Streit um Länderfinanzausgleich: Reich gegen Arm
> Die Südländer wollen weniger abgeben und planen eine Verfassungsklage.
> Sie streiten gegen eine Regelung, die sie selbst mit ausgehandelt haben.
(IMG) Bild: Berliner Kindertagesstätten sind für Drei- bis Sechsjährige gebührenfrei. Das gefällt den Südländern nicht.
FREIBURG taz | Die reichen Länder wollen für den Länderfinanzausgleich
weniger zahlen. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen kündigten eine Klage
vor dem Bundesverfassungsgericht an. Zuvor soll aber noch einmal mit den
Nehmerländern verhandelt werden.
Es hat vor allem politische Gründe, dass der Finanzausgleich gerade jetzt
skandalisiert wird. In Baden-Württemberg wird im März gewählt, und die
schwarz-gelbe Koalition von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) liegt in
Umfragen hinten. In Hessen sind ebenfalls im März Kommunalwahlen.
Die Südländer wollen gegen Gesetze klagen, die sie 2001 selbst mit
ausgehandelt haben- und als Erfolg verkauften. Man habe jetzt "eine
wichtige Korrektur erreicht", sagte im Juni 2001 der damalige Stuttgarter
Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU): "Wenn ein Land überdurchschnittliche
Steuereinnahmen verbucht, dann wird davon in Zukunft weniger für den
Ausgleich abgeschöpft." Hinter der Neuregelung würden sich "die von uns
geforderten strukturellen Veränderungen" verbergen.
Davon will man in Stuttgart nichts mehr wissen: "Ein System, das keinerlei
Anreiz bietet, den Nehmerstatus zu überwinden, und bei dem sich
Nehmerländer Dinge leisten können, die sich die zahlenden Länder nicht
leisten können, ist für uns schlicht nicht akzeptabel", sagte Mappus.
Der Länderfinanzausgleich ist im Grundgesetz vorgesehen und wird auch von
den Geberländern nicht grundsätzlich infrage gestellt. Er läuft in mehreren
Stufen ab. Zunächst wird die Umsatzsteuer auf die Länder verteilt, wobei
finanzschwache Länder überproportional viel bekommen. Dann findet der
eigentliche Finanzausgleich zwischen den Ländern statt, Volumen rund 7
Milliarden Euro. Anschließend zahlt der Bund noch einmal 12 Milliarden
Ergänzungszuweisungen an schwache und überschuldete Länder.
Die Südländer klagten schon in den 90er Jahren beim Verfassungsgericht,
weil sie weniger abgeben wollten. 1999 entschied Karlsruhe: Der
Finanzausgleich muss politisch neu ausgehandelt werden. Nach harten
Verhandlungen einigten sich die Länder 2001, weil der Bund höhere Zahlungen
zusagte. Am Ende sahen sich damals alle Länder als Gewinner. Doch nun
zerfleischen sie sich wieder gegenseitig. Mappus beruft sich auf ein
Gutachten des Tübinger Professors Christian Seiler. "Eigenverantwortung und
Solidarität stehen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis", heißt es
dort.
Anhängig sind in Karlsruhe auch noch Klagen von Bremen und dem Saarland,
die höhere Bundeszuweisungen fordern. Eine ähnliche Klage Berlins war 2006
gescheitert. Saarlands scheidender Ministerpräsident Peter Müller (CDU)
drohte, man werde die derzeit ruhende Klage wiederaufnehmen, wenn die
Südländer nach Karlsruhe gehen. Was er nicht erwähnt: Das Saarland, Bremen
und drei andere Länder erhalten ab 2011 vom Bund zusätzliche Hilfen von
insgesamt 800 Millionen Euro pro Jahr. Die Klagen der armen Länder sind
also längst erledigt.
24 Jan 2011
## AUTOREN
(DIR) Christian Rath
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