# taz.de -- Rekordbestellung bei Airbus: 300 Millionen Inder gehen in die Luft
       
       > Die indische Billigfluglinie IndiGo will den Passagierflug im
       > Schwellenland voranbringen. Dafür hat sie 180 Airbus-Jets bestellt, viele
       > in einer energiesparenderen Version.
       
 (IMG) Bild: Bekommt Gesellschaft: Airbus A320 von IndiGo.
       
       DELHI taz | IndiGo, das klingt auf Englisch wie "Indien, los gehts!" Und
       tatsächlich ist die Fluggesellschaft in den fünf Jahren, die es sie erst
       gibt, losgegangen wie eine Rakete. Heute hält sie bereits einen Anteil von
       18,6 Prozent am innerindischen Flugpassagiermarkt. Damit ist sie hinter Jet
       Airways Indiens zweitgrößte Fluggesellschaft.
       
       Nun macht IndiGo auch international von sich reden: mit dem größten
       kommerziellen Flugzeugkauf der Luftfahrtgeschichte. Gleich 180 Flieger vom
       Typ A320 bestellte das einstige Start-up-Unternehmen aus Delhis Vorstadt
       Gurgaon in diesem Monat beim europäischen Flugzeughersteller Airbus. Louis
       Gallois, Chef der Airbus-Mutter EADS, sprach deshalb auch vom "Deal des
       Jahres" in der Branche. Zum Vergleich: Die zweitgrößte deutsche
       Fluggesellschaft Air Berlin verfügt derzeit über eine Flotte von 150
       Flugzeugen.
       
       Für Airbus ist das Geschäft 15,6 Milliarden US-Dollar wert. Würde man die
       Flugzeuge am Stück bauen, wäre die Produktion sechs Monate lang voll
       ausgelastet. Und: Von den 180 bestellten Maschinen sind 150 vom neuen Typ
       A320Neo, der erst seit Dezember verkauft wird. Dieser soll die Spritkosten
       um 15 Prozent und den CO2-Ausstoß pro Maschine und Jahr um 3.600 Tonnen
       reduzieren. IndiGo-Vorstandschef Rahul Bhatia begründet die Entscheidung
       ökonomisch: "Die Bestellung des führenden verbrauchsarmen Flugzeuges wird
       IndiGo erlauben, auch weiterhin billige Tickets anzubieten."
       
       Doch das ist vor allem eine Wette auf die Zukunft. Die Airbus-Flugzeuge
       sollen erst ab 2016 bis Ende 2025 ausgeliefert werden. Noch hat IndiGo
       keinen Cent dafür verdient. Ähnlich wie 2005, als IndiGo seine ersten
       hundert A320 bestellte und noch keinen einzigen Flug gemacht hatte. Nur das
       Wachstumsversprechen des indischen Passagierflugmarkts war damals so groß
       wie heute. "300 Millionen von 1,1 Milliarden Indern können sich schon heute
       das Fliegen leisten, doch nur 15 Millionen jährlich steigen bisher ins
       Flugzeug", beobachtet Ankur Bhatia, Exekutivdirektor der Bird Group, eines
       Dienstleisters, der 60 Prozent der Flugscheinkäufe in Indien abwickelt.
       
       Er hält den Airbus-Kauf für ein sicheres Geschäft – wegen der Überlastung
       der Bahn mit ihren 800 Millionen Fahrgästen pro Jahr, der schlechten
       Landstraßen, dem geplanten Ausbau vieler Regionalflughäfen, der schnell
       wachsenden Mittelschicht.
       
       Allerdings war das Geschäft mit dem Fliegen in Indien bisher nie einfach.
       Seit 1994 das Monopol der staatlichen Fluggesellschaft Air India endete,
       sind viele private Fluglinien gestartet und abgestürzt. Das lag an hohen
       Steuern, unzureichenden Flughäfen und steigenden Ölpreisen. 2008 konnte
       sich der Billigflieger Spice Jet nur knapp vor dem Ruin retten. Auch IndiGo
       gilt als Billiglinie. Serviert wird nur gegen Bezahlung. Kaffee und Tee
       gibt es gar nicht. "Damit die Flugzeuge sauber bleiben", sagt eine
       Unternehmenssprecherin.
       
       Zum Minimalservice aber kommt bei IndiGo eine Reputation für Pünktlichkeit,
       die im alltäglichen indischen Verkehrschaos auffällt. 80 Prozent aller
       IndiGo-Flüge seien pünktlich, sagen firmenunabhängige Quellen. Darauf und
       auf einem unfallfreien Betrieb gründet der bisherige Erfolg der Fluglinie
       mit ihren derzeit 3.000 Angestellten, davon 40 Prozent Frauen.
       
       Wie viel Korruption im Spiel ist, weiß niemand. IndiGo-Gründer und
       Eigentümer Bhatia war im letzten Jahr auch Vorsitzender des Delhi Golf
       Club. An guten Verbindungen zu den Mächtigen mangelt es ihm nicht. Keine
       Überraschung also, dass IndiGo jetzt als erst vierte indische
       Privatfluglinie eine Reihe von Fluggenehmigungen ins Ausland bekam. Nach
       Deutschland zu fliegen überfordert die Reichweite der A320. Und andere
       Flugzeuge will IndiGo nicht kaufen. "IndiGo konzentriert sich immer nur auf
       eine Sache, aber auf die richtig", sagt Boss Bhatia.
       
       26 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Blume
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) 10.000 Beschäftigte haben nicht gearbeitet: Streik bei Airbus
       
       Der Airbus-Betriebsrat fordert einen "Zukunftstarifvertrag" bis zum Jahr
       2020, doch der Vorstand will nur Zusagen bis 2012. Auch das Thema
       Leiharbeiter ist umstritten.
       
 (DIR) Rüstungskonzern vor Teilverstaatlichung: Daimler will EADS-Anteile loswerden
       
       Daimler steigt aus dem deutsch-französischem Konzern EADS aus – obwohl
       Experten auch in Zukunft gute Geschäfte erwarten. Warum macht Daimler das
       überhaupt?
       
 (DIR) Ryanair-Pilotin schmeißt Studenten raus: Selbst Meckern kostet extra
       
       Eine Flugkapitänin verteidigte die geschäftlichen Interessen ihres
       Arbeitgebers vehement: Sie ließ Studenten, die nicht für ihr Übergepäck
       zahlen wollten, kurzerhand zurück.
       
 (DIR) 25 Prozent mehr Umsatz: Jobwunder bei der Lufthansa
       
       Der Konzern schreibt in Deutschland 4.000 neue Stellen in 38 Berufen aus,
       weil die Jets größer werden und mehr Menschen fliegen.
       
 (DIR) Wegen fehlerhafter Airbus-Triebwerke: Quantas droht Rolls-Royce mit Klage
       
       Hat Rolls Royce fehlerhafte Triebwerke für den Riesen-Airbus A380 gebaut?
       Ja, glaubt die australische Fluggesellschaft Quantas - und will nun
       rechtlich gegen den Triebwerkshersteller vorgehen.