# taz.de -- Kommentar Ägypten: Was kommt nach Mubarak?
       
       > Die Ängste vor einer islamistischen Machtübernahme in Ägypten sind maßlos
       > übertrieben. Eine Revolution wie 1979 im Iran ist nicht zu erwarten. Eher
       > hat die Türkei Vorbildfunktion.
       
       Wie lange wird sich Ägyptens Präsident Mubarak noch an der Macht halten?
       Das hängt ganz vom Willen des ägyptischen Militärs ab, das seit 1952 noch
       jeden Staatschef bestimmt hat. Aber der Druck der Straße lässt nicht nach,
       die Opposition rüstet zum neuen Massenprotest. Und das, obwohl Mubarak -
       wie zuvor schon sein tunesischer Amtskollege Ben Ali - seiner Bevölkerung
       ein Zugeständnis nach dem anderen macht. Spät, aber vernehmlich rücken
       seine engsten Verbündeten in Europa und seine Sponsoren in den USA von ihm
       ab. All das spricht dafür, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, dass
       Mubarak selbst endgültig das Feld räumt.
       
       Was aber kommt nach Mubarak? Manche fürchten das Chaos. Am deutlichsten
       wurde Israels Präsident Schimon Peres, der vor der möglichen Machtübernahme
       eines radikalen Islamistenregimes in Ägypten warnte und Mubarak als
       Garanten der "Stabilität" pries. Aber auch Außenminister Westerwelle
       warnte, "radikale Trittbrettfahrer" könnten von einem Umsturz profitieren.
       Europas Außenminister können sich noch auf keinen klaren Kurs einigen und
       zögern, Mubarak offen zum Rücktritt aufzufordern.
       
       Die Ängste vor einer islamistischen Machtübernahme, die mancherorts
       geschürt werden, sind allerdings maßlos übertrieben. Ägypten im Jahre 2011
       ist nicht der Iran des Jahres 1979, als radikale Islamisten nach dem Sturz
       des Schah-Regimes die Macht im Staate an sich rissen. Zwar werden Ägyptens
       Muslimbrüder in einem demokratischen Ägypten sicher eine größere Rolle
       spielen, in einen "islamischen Staat" wird sich das Land am Nil deshalb
       aber noch lange nicht verwandeln. Schließlich sind die Muslimbrüder von
       diesem Ziel längst abgerückt. Die Taliban in Afghanistan oder der Iran sind
       für die meisten arabischen Islamisten schon lange kein Vorbild mehr - und
       al-Qaida hat ein Übriges getan, um den radikalen Islamismus zu
       diskreditieren. Lieber orientieren sie sich an der AKP-Regierung in der
       Türkei, die gezeigt hat, wie sich ein moderater Islam mit demokratischen
       Prinzipien und Erfolg an den Wahlurnen vereinbaren lässt.
       
       Nur in einem Punkt lassen sich die Dinge vergleichen. So wie die
       "islamische Revolution" 1979 im Iran dem Islamismus weltweit Auftrieb gab,
       könnte ein demokratischer Umsturz in Ägypten die Demokraten in der ganzen
       Region anspornen - bis hin zum Iran, wo die Jugend gegen das Mullah-Regime
       aufbegehrt.
       
       31 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA