# taz.de -- Ägyptische Revolution: Der "Tag des Abgangs"
       
       > Hunderttausende Demonstranten versammeln sich auch am Freitag wieder in
       > Kairos Innenstadt. Präsident Husni Mubarak sagt, er hat genug, will aber
       > nicht sofort zurücktreten.
       
 (IMG) Bild: Es ist friedlich auf dem Tahrir-Platz am Freitagnachmittag, dem "Tag des Abgangs".
       
       KAIRO/BERLIN dpa/dapd/taz | Auch am Freitag haben sich wieder
       hunderttausende Demonstranten auf dem Tahrir-Platz versammelt , dem
       Schauplatz heftiger Straßenkämpfe in den vergangenen Tagen. Sie riefen den
       "Tag des Abgangs" aus und fordern weiterhin den sofortigen Rücktritt von
       Präsident Husni Mubarak. An den Zugängen zum Platz wurden sie von Soldaten
       einer Leibesvisitation unterzogen, eine Menschenkette aus Protestierenden
       führte eine zweite Durchsuchung durch.
       
       [1][Anhänger Mubaraks], die in den Vortagen Demonstranten und ausländische
       Journalisten angegriffen haben, trafen erst nach und nach im Laufe des
       Nachmittags an dem Platz ein, berichtet der Nachrichtensender Al-Dschasira.
       Die Armee versuche, die Pro-Mubarak-Demonstranten von den Gegnern
       fernzuhalten. Bis zum Freitagnachmittag ist es friedlich.
       
       Bislang kamen bei den Kämpfen im Bereich des Platzes mindestens acht
       Menschen ums Leben, etwa 900 wurden verletzt. In der Nacht harrten dort
       etwa 10.000 Demonstranten aus.
       
       In der Hafenstadt Alexandria versammeln sich ebenfalls tausende von
       Menschen nach dem Freitagsgebet und fordern in Sprechchören den Rücktritt
       Mubaraks.
       
       Auch in Syrien rief die Opposition zu massiven Demonstrationen gegen das
       Regime an diesem Freitag auf. Syrische Aktivisten teilten in Beirut mit,
       die Oppositionsbewegung bereite einen "Tag des Zorns" vor. Im Anschluss an
       die Freitagsgebete seien Protestaktionen in der Hauptstadt Damaskus und
       anderen Städten geplant. In der Nähe des Parlamentsgebäudes zogen
       Sicherheitskräfte auf. Die Demonstrationen sollen am Samstag fortgesetzt
       werden.
       
       Mubarak hat genug 
       
       Mubarak sagte am Donnerstagabend in einem Interview mit dem US-Sender ABC,
       er habe genug vom Regieren. Er würde sofort zurücktreten, tue dies aber
       nicht, um Chaos zu vermeiden. Er sei betroffen wegen der tödlichen Gewalt
       zwischen den Gruppen, die für oder gegen die Regierung demonstrieren. Die
       Regierung sei dafür nicht verantwortlich. Mubarak gab der verbotenen
       Muslimbruderschaft die Schuld an der Eskalation der Gewalt.
       
       Vizepräsident Suleiman hatte zudem Ausländern vorgeworfen, die Unruhen in
       seinem Land anzuheizen. "Wenn es Demonstrationen dieses Ausmaßes gibt, wird
       es Ausländer geben, die kommen und (die Lage) ausnutzen", sagte er im
       ägyptischen Staatsfernsehen.
       
       Die [2][USA verhandeln] unterdessen mit ranghohen Vertretern der
       ägyptischen Regierung über einen sofortigen Rückzug von Präsident Mubarak.
       Außerdem gehe es in den Gesprächen um die Bildung einer Übergangsregierung,
       die freie und faire Wahlen im Laufe dieses Jahres vorbereiten solle, sagten
       US-Vertreter am Donnerstagabend.
       
       Vorwürfe gegen US-Geheimdienst 
       
       Der US-Geheimdienst geriet unterdessen seitens des Weißen Hauses und des
       Kongresses in die Kritik. Präsident Barack Obama habe gegenüber dem
       nationalen Geheimdienstdirektor James Clapper seine Enttäuschung über die
       Geheimdienste zum Ausdruck gebracht, weil diese nicht vorhergesehen hätten,
       dass die Demonstrationen in Tunis zum Sturz von Präsident Zine el Abidine
       Ben Ali führen würde, verlautete aus Regierungskreisen. Führende Senatoren
       des Geheimdienstausschusses stellten die Frage, wann Obama informiert und
       was ihm vor den Aufständen gesagt wurde.
       
       Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Abgeordnetenhaus, der
       Republikaner Mike Rogers, sagte dagegen, es sei unrealistisch, von den
       Geheimdiensten zu erwarten, dass sie die Vorgänge in beiden Ländern hätten
       voraussehen müssen. Man müsse ihre Grenzen realistisch einschätzen,
       "insbesondere im Hinblick auf das komplexe und interaktive Verhalten von
       Millionen Menschen", sagte er.
       
       EU fordert jetzt auch sofortigen Rücktritt 
       
       Die EU-Staats- und Regierungschefs fordern einen sofortigen Übergang in
       Ägypten. Der Übergang müsse zu einer Regierung führen, die auf einer
       breiten Basis stehe und "der Übergang muss jetzt beginnen", heißt in einer
       Erklärung, die während der Konferenz noch verschärft wurde. Zum ägyptischen
       Präsidenten Husni Mubarak nahm die EU nicht explizit Stellung.
       
       Es sei entscheidend, dass die Regierung und die Bevölkerung "gemeinsam
       vorangehen", sagte EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton bei einem
       EU-Gipfel am Freitag in Brüssel. Es gehe bereits in Richtung "einer Art von
       nationalem Dialog" zwischen dem Regime und der Opposition. Entscheidend
       sei, dass die Führung einen Zeitplan für einen geordneten Übergang vorlege,
       um Vertrauen zu schaffen.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte vor einer weiteren Eskalation der
       Gewalt. Von den ägyptischen Sicherheitskräften werde erwartet, dass diese
       an diesem "entscheidenden Freitag" für gewaltfreie und friedliche
       Demonstrationen der Menschen sorgten, sagte Merkel in Brüssel unmittelbar
       vor dem EU-Gipfel. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton drängte
       Vizepräsident Suleiman in einem Telefonat, das Volk in den Straßen zu
       unterstützen.
       
       Deutsche Waffenexporte gestoppt 
       
       Angesichts der anhaltenden Unruhen hat die Bundesregierung die deutschen
       Rüstungsexporte nach Ägypten auf Eis gelegt. Das teilte eine Sprecherin des
       Wirtschaftsministeriums am Freitag in Berlin mit. Dem Rüstungsbericht der
       Bundesregierung zufolge kaufte Ägypten im Jahr 2009 Waffen im Wert von 77,5
       Millionen Euro in Deutschland. Demnach bezog Ägypten mehr Rüstungsgüter aus
       deutscher Produktion als jedes andere Entwicklungsland.
       
       Waffenexporte aus Deutschland unterliegen nach Angaben der Bundesregierung
       einer sorgfältigen Prüfung. Genehmigungen gebe es nur dann, wenn
       sichergestellt sei, dass diese Rüstungsgüter weder für
       Menschenrechtsverletzungen missbraucht würden noch zur Verschärfung von
       Krisen beitrügen.
       
       Journalisten unter Druck 
       
       Die Arbeitsbedingungen von Journalisten am Tahrir-Platz im Zentrum der
       ägyptischen Hauptstadt Kairo werden zunehmend schlechter. Kurz vor Beginn
       des Freitagsgebets wurden Pressevertreter in einem anliegenden Hotel
       aufgefordert, nicht von den Balkonen aus zu filmen oder zu fotografieren.
       Das Militär werde von jedem, der dagegen verstoße, die Ausrüstung
       konfiszieren, hieß es nach Augenzeugenberichten in der Durchsage weiter.
       
       Am Donnerstag waren bereits Dutzende ausländische Journalisten
       [3][festgenommen] worden, es gab zahlreiche Attacken von
       Regierungsbefürwortern auf Reporter und Fotografen.
       
       4 Feb 2011
       
       ## LINKS
       
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