# taz.de -- Mafiöse Zustände in "Tropa de Elite 2": Brutal im Zentrum der Macht
       
       > "Tropa de Elite 2", die Fortsetzung des Berlinale-Gewinners von 2009,
       > läuft nicht im Wettbewerb. Das Werk wird in die Nebenreihe Panorama
       > gesteckt.
       
 (IMG) Bild: Wagner Moura als Drogenpolizist Nascimento in "Tropa de Elite 2".
       
       Vor zwei Jahren gelang José Padilha mit seinem Drogenpolitik-Reißer "Tropa
       de Elite" nicht nur einer der größten Erfolge der brasilianischen
       Kinogeschichte, sondern er gewann nicht völlig zu Unrecht auch den Goldenen
       Bären. Jetzt ist Padilha mit der Fortsetzung zurück, die in seiner Heimat
       sogar noch mal erfolgreicher als der Erstling war. Die Berlinale
       allerdings, deren Auswahlpolitik begreife, wer mag, steckt das Werk in die
       Nebenreihe "Panorama", den Kulturbeutel fürs Gemischte. Ein Affront gegen
       den Regisseur und angesichts der Stärke des Sequels erst recht
       unbegreiflich.
       
       Auf den ersten Blick schließt der Film an den ersten trotz eines Sprungs
       aus den Neunzigern in die Gegenwart direkt an. Wieder wird im Voiceover der
       Kriminalitätsbekämpfer Nascimento (Wagner Moura) als Ich-Erzähler
       installiert, der aus recht olympischer Perspektive Einblick in die mafiösen
       Zusammenhänge verschafft. Allerdings wird bald klar, dass die im ersten
       Film höchst ambivalente Figur jetzt zunehmend eindeutig auf die Seite der
       Guten gerückt wird. Er wird aus der "Bope", dem brasilianischen Bataillon
       für spezielle Polizeioperationen, ins politische Amt promoviert und nähert
       sich den Positionen eines linken, soziologisch informierten Konkurrenten
       namens Diogo Fraga zusehends an.
       
       "Tropa de Elite", Teil eins, spielte mit voller Absicht und nicht immer
       glücklich mit dem Feuer. Allzu wenig Distanz suchte der Film zur
       Perspektive des kompromisslos brutalen Bope-Kämpfers Nascimento. Die hoch
       problematische Figur wurde so in Brasilien zum Heros einer sich fürs
       Kärchern der Favelas begeisternden Rechten, die den Film nur zu gern
       missverstand.
       
       Deren Griff entwindet ihn der Nachfolger gründlich. "Tropa de Elite 2"
       steht bald klar auf der Seite der Liberalität und des Rechts. Regisseur
       Padilha zieht die entsprechende Genrekonsequenz: Teil zwei der Geschichte
       ist deutlich weniger ein Thriller denn eine Dokumentation in Spielfilmform.
       Seine Spannung bezieht er nicht in erster Linie aus - allerdings durchaus
       vorhandenen - Actionsequenzen, sondern aus der konsequenten und vor
       Komplexität nicht zurückschreckenden Entfaltung einer verwickelten
       Situation. Im besten Sinne parteiische Aufklärung, die zuletzt noch das
       Zentrum der Macht als Endpunkt der Korruption in den Blick nimmt.
       
       Das brasilianische Tourismusbüro dürfte kaum zugunsten des Films
       interveniert haben. Umso mehr hätte er eigentlich im Wettbewerb der sich
       als politisch verstehenden Berlinale zu suchen.
       
       "Tropa de Elite 2", 11. 2., 18 Uhr, Friedrichstadtpalast; 12. 2., 10.30
       Uhr, CinemaxX 7; 12. 2., 21.30 Uhr, Kurbel; 13. 2., 14.30 Uhr, Cubix 9
       
       11 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ekkehard Knörer
       
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