# taz.de -- Neue Pläne für die Mitte: Leben ins Regierungsviertel
> Autistische Ministeriumsneubauten veröden das Regierungsviertel,
> kritisiert Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). Er will urbane Architektur
> und Wohnungen.
(IMG) Bild: Bürger müssen im Regierungsviertel draußen bleiben - noch.
"Hier am Spreebogen könnte man ein paar Weiden pflanzen", sagt Ephraim
Gothe. Das wäre dann, fügt der Baustadtrat von Mitte schwärmerisch hinzu,
"ähnlich wie in Paris". Ein Uferweg für Flaneure. Ein Ort, an dem man sich
gern aufhält. Mitten im Regierungsviertel.
Genau darum geht es dem 46-jährigen Sozialdemokraten, der sich derzeit
auffällig oft mit wegweisenden Stadtplanungsideen hervortut. Am Donnerstag
hat er sich das Regierungsviertel vorgeknöpft. Zusammen mit der
Bundestagsabgeordneten Eva Högl (SPD), die in Mitte ihren Wahlkreis hat,
hat er einen "Sechspunkteplan für die weitere Hauptstadtentwicklung"
vorgestellt. Ganz oben steht der Wunsch nach einem politisch
verantwortlichen Ansprechpartner bei der Bundesregierung. In den 90ern sei
mit Klaus Töpfer ein Bundesminister Umzugsbeauftragter gewesen, erinnert
Gothe. Heute gebe es nur einen Verwaltungsreferenten in Bonn - ohne
Entscheidungskompetenz. Die aber sei notwendig, um Absprachen treffen zu
können.
Zuletzt gab es Streit über den Neubau des Bundesinnenministerium, das
gerade südlich der Straße Alt-Moabit zwischen S-Bahn und Spree errichtet
wird. "Der Entwurf ist toll", sagt Gothe. "Aber das schöne Gebäude soll
hinter hohen Zäunen verschwinden." Das sei "autistisch", klagt der
Baustadtrat. Er will auch im Regierungsviertel eine "normale Stadt"
durchsetzen. Mit Geschäften und Restaurants.
"Das ist im Interesse der Stadt und der Bundesbediensteten, die sich ein
urbanes Umfeld wünschen", sagt Eva Högl. "Die Mauerstraße ist komplett
tot", ärgert sich die Bundestagsabgeordnete. Dort belegen Ministerien und
Bundesämter ganze Gebäude. "Selbst beim Außenministerium hat das besser
geklappt", sagt Gothe. Da gibt es im Foyer ein Café und einen Buchladen,
zwar hinter Sicherheitsschleusen, aber öffentlich.
Ähnlich könnte man mit der Kantine im Paul-Löbe-Haus verfahren, meint
Gothe. Bisher dürfen Spaziergänger am Spreeufer durch Glasscheiben in den
"Lampenladen" schauen - aber reingehen ist nicht gestattet. Genauso wenig
wie gegenüber bei der Bundestagsbibliothek im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus.
"Die ist wirklich fantastisch", sagt Högl. Dahin könnten die Studierenden,
die sich in der nahen Grimm-Bibliothek der Humboldt-Uni drängeln,
ausweichen.
Doch Gothe und Högl wollen Normalsterbliche durchs Regierungsviertel nicht
nur spazieren lassen. Sie sollen dort auch wohnen können. Der Bund besitze
so viele Flächen in Mitte, dass die niemals alle für Regierungsaufgaben
benötigt würden, meint der Baustadtrat. Die müssten für Wohnungsneubau
genutzt werden, um der unübersehbaren Gentrifizierung benachbarter Kieze
entgegenzuwirken. "Auch der Bund hat Verantwortung für das Wohnen", sagt
Gothe. Der Bund könne zeigen, dass durch Quersubventionierung Neubaumieten
auch in der Innenstadt bei nur 7,50 Euro warm pro Quadratmeter liegen
könnten.
Für alle diese Projekte bräuchte Gothe Unterstützung auf Bundesebene. Högl
plant entsprechende Initiativen im Bundestag. Doch was sie als
Oppositionspolitikerin erreicht, ist fraglich. Die Weiden am Spreeufer
könnte der Baustadtrat allein durchsetzen. Dass es die noch nicht gebe,
dafür gebe es nur einen Grund, sagt Gothe: "Die Idee ist mir gerade erst
gekommen."
10 Feb 2011
## AUTOREN
(DIR) Gereon Asmuth
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