# taz.de -- Kommentar Palästina: Mehr Rücktritte bitte
       
       > Die Palästinapapiere, die der Sender al-Dschasira veröffentlichte, haben
       > die Führung schwerer belastet, als sie es eingesteht. Der Rücktritt Saeb
       > Erekats ist nur ein Bauernopfer.
       
       Vielleicht hat Saeb Erekat, der palästinensische Chefunterhändler, nur ein
       Mal das tun wollen, was er vorher angekündigt hatte: zurückzutreten, wenn
       klar ist, dass die Protokolle, die der Sender al-Dschasira veröffentlichte,
       aus seinem Büro stammen. Ein Mann von Ehre also, der zu seinem Wort steht?
       Vielleicht.
       
       Die Palästinapapiere haben die palästinensische Führung viel schwerer
       belastet, als sie es eingestehen wollte. Die Konzessionen in Bezug auf die
       Flüchtlingsfrage und die Zukunft Jerusalems waren schlicht
       kompromittierend. Die Dementis und die Abwiegelung, es handele sich um
       willkürliche Ausrisse, um Verleumdungen und eine gezielte Intrige des
       Hamas-nahen Senders al-Dschasira, erweisen sich mit Erekats Rücktritt als
       billige Schutzbehauptungen.
       
       Präsident Mahmud Abbas hat den Rücktritt inoffiziell angenommen. Und damit
       das "Bauernopfer" akzeptiert. Das ist scheinheilig, denn Erekat hat nie
       eine andere Position vertreten als Abbas selbst. Dies lässt vermuten, dass
       es bei Erekats Rücktritt nicht nur um die Verhandlungen geht, sondern um
       politische Spielchen.
       
       Spätestens im Sommer sollen im Westjordanland Kommunalwahlen stattfinden.
       Eine Fatah-Partei, der der Ruch der vorauseilenden Kapitulation gegenüber
       Israel anhaftet, dürfte dabei kaum einen Blumenstrauß gewinnen. Der
       schwindende Rückhalt der alten Fatah-Elite wird kaum zu bremsen sein.
       
       Mit der peinlichen Parteinahme zugunsten Husni Mubaraks hat die Führung in
       Ramallah wieder ein grandioses Eigentor geschossen. Ganz so wie einst
       Jassir Arafat bei seinem Schulterschluss mit Saddam Hussein. Vielleicht
       sollten die Palästinenser sich einfach ihre arabischen Schwestern und
       Brüder in Tunis und Kairo zum Vorbild nehmen. Dann wären in Ramallah und
       Gaza noch ein paar Rücktritte mehr garantiert.
       
       14 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Baltissen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neue Palästinensische Regierung: Ministersuche via Facebook
       
       Der designierte palästinensische Ministerpräsident Salam Fayyad bittet
       seine Landsleute auf Facebook und Twitter um Vorschläge für die Besetzung
       von Ministerämtern.
       
 (DIR) Neue Regierung für Palästina: Umbruch erreicht das Westjordanland
       
       Die neue Regierung in Ramallah soll Wahlen vorbereiten und den
       Machtanspruch der Fatah gegenüber der Hamas absichern. Die Hamas will die
       Wahlen boykottieren.
       
 (DIR) Reaktionen in Ramallah: Gemischte Gefühle über Mubaraks Sturz
       
       Der palästinensischen Führung ist mit Mubarak der wichtigste arabische
       Verbündete abhanden gekommen. In Ramallah erwartet aber niemand große
       Veränderungen.
       
 (DIR) Friedensprozess in Nahost: Neue Wege verzweifelt gesucht
       
       Die jetzt veröffentlichten Dokumente zu den israelisch-palästinensischen
       Verhandlungen zeigen: Alle Seiten haben ihre Glaubwürdigkeit längst
       eingebüßt.
       
 (DIR) Nahost-Friedensgespräche: Neue Leaks sorgen für Furore
       
       Geheimdokumente zeigen, dass die Palästinenser zu großen Zugeständnissen
       bei den Friedensgesprächen bereit waren. Israels Außenminister frohlockt.
       
 (DIR) Debatte Nahost: Wie Läuse unter den Nägeln
       
       Die Jugendorganisation Free Gaza Youth macht erstmals auf ihre
       Lebensbedingungen aufmerksam. Wir dokumentieren den Aufschrei.