# taz.de -- Monetärer Hype um Facebook oder Twitter: Neue Dot-Com-Blase in Sicht
       
       > Facebook 60 Milliarden wert, Twitter zehn: Im Silicon Valley ist wieder
       > die Zeit der Mega-Bewertungen angebrochen. Ob es zu einer neuen
       > Dot-Com-Blase kommt, ist aber unklar.
       
 (IMG) Bild: Kommt der nächste Knall, oder sind Facebook und Twitter doch kein süßes, leeres Bubblegum?
       
       BERLIN taz | Offenbar ist es mittlerweile auch Eric Schmidt etwas
       unheimlich. Der scheidende Google-Boss sagte vergangene Woche dem Schweizer
       Wirtschaftsmagazin Bilanz, er erkenne "klare Anzeichen einer Blase" bei den
       aktuellen Bewertungen einzelner Internet-Firmen. Der monetäre Hype um
       Facebook oder Twitter ist übertrieben, meinte Schmidt, auch wenn sich die
       Zahlungsbereitschaft derzeit eben so darstellt, wie sie sich darstellt.
       "Viele Leute glauben eben, dass diese Unternehmen in Zukunft gigantische
       Umsätze erreichen werden."
       
       Tatsächlich scheint Schmidt bei Google einfach nur zu den eher
       zurückhaltenden Managern zu gehören: Erst kürzlich wurde bekannt, dass das
       Unternehmen bis zu 6,5 Milliarden Dollar für den Internet-Coupon-Dienst
       Groupon ausgeben wollte, obwohl der doch ein kaum zu schützendes
       Geschäftsmodell und noch eher moderate Umsätze vorweisen kann. Und auch mit
       Twitter soll Google bereits über eine Übernahme debattiert haben.
       
       Der Kurznachrichtendienst kann denn auch als Paradebeispiel gelten für das,
       was sich derzeit im Silicon Valley tut: Risikokapitalfirmen,
       Investmentbanken und die jungen Firmen selbst pumpen eine neue Tech-Bubble
       auf. Laut Wall Street Journal interessierte sich zuletzt neben Google auch
       Facebook für den Kurznachrichtendienst. Twitter soll demnach zwischen 8 und
       10 Milliarden Dollar wert sein, bei Umsätzen von geschätzten 45 Millionen
       Dollar im vergangenen Jahr. 200 Millionen Dollar hatte Twitter erst im
       letzten Dezember von diversen renommierten High-Tech-Investoren eingeworben
       - das Geld wurde und wird in mehr Rechenzentren und mehr Mitarbeiter
       gesteckt.
       
       Facebook selbst würde Twitter ebenfalls vor allem mit Investorengeldern
       übernehmen. Die 1,5 Milliarden Dollar, die das soziale Netzwerk über die
       Investmentbank Goldman Sachs, russische Risikokapitalisten und andere
       reiche Menschen außerhalb der USA einwarb (Amerikaner mussten aufgrund
       börsenrechtlicher Bedenken draußen bleiben), führten zu einer
       Gesamtbewertung des weltgrößten sozialen Netzwerks mit insgesamt 50
       Milliarden Dollar. Doch das scheint Facebook und Chef Mark Zuckerberg nicht
       zu erreichen: Nur Wochen später machte sogar die Zahl 60 Milliarden die
       Runde, weil es eine derart hohe Nachfrage nach den Aktien des keine sieben
       Jahre alten Unternehmens gab.
       
       Dabei weiß noch kein Mensch, wie viel Facebook umsetzt und wie viel Gewinn
       dabei eventuell abfällt: 2009 wurden nur 800 Millionen Dollar an Umsatz
       geschätzt, 2010 sollen es angeblich 2 Milliarden gewesen sein. Trotz dieses
       offenbar höchst schnellen Wachstums ist die 30fache Bewertung kritischen
       Internet-Experten mittlerweile viel zu hoch. Selbst der
       Online-Spiele-Anbieter Zynga könnte einem Zeitungsbericht zufolge bis zu
       neun Milliarden Dollar wert sein. Zynga bemühe sich derzeit bei möglichen
       Investoren um frisches Kapital, berichtete die Internet-Ausgabe des "Wall
       Street Journal" in der Nacht zum Montag unter Berufung auf nicht näher
       genannte Kreise. Bis zu 250 Millionen Dollar könnte Zynga einsammeln und
       würde somit zwischen sieben und neun Milliarden Dollar bewertet, hieß es.
       
       Allerdings fehlt im Vergleich zum Dot-Com-Hype der Jahre 1999/2000, als
       eine riesige Online-Investmentblase platzte, ein zentrales Element: Kaum
       eine der Firmen, die derzeit so hoch gehandelt werden, sucht bisher den
       Ausgang über die Börse, wo dann Otto-Normal-Verbraucher involviert wäre. Es
       ist einfach mittlerweile aufgrund von Gesetzesänderungen relativ schwierig
       geworden, als unprofitables Unternehmen an die New Yorker NASDAQ zu gehen -
       tatsächlich wurden diese Regeln auch wegen der Dot-Com-Krise erlassen.
       Ausnahmen bestätigen hier allerdings die Regel: So platzierte sich Demand
       Media, ein Billig-Content-Produzent, vor wenigen Wochen erfolgreich - und
       war zwischenzeitlich mehr wert als die New York Times.
       
       Twitter bewegt sich dagegen derzeit noch in einem Rahmen, in dem ein
       Aufkauf durch Facebook, Google oder auch Microsoft eine Möglichkeit ist.
       Facebook selbst ist schon viel zu groß. Der Zuckerberg-Firma trauen viele
       Auguren deshalb bis 2012 oder sogar noch früher trotz aller möglichen
       Schwierigkeiten einen großen Börsengang zu - auch daher werden dem
       Unternehmen derzeit die wenigen Anteilsscheine, die es bislang zu vergeben
       gibt, aus den Händen gerissen.
       
       Ist Facebook dann aber an der Börse, gibt es keine Geheimhaltung mehr, was
       Umsätze und Gewinne anbetrifft. Und noch lässt sich nicht absehen, ob der
       Netzwerkriese zu einer Goldmine wird wie dereinst Google: Die
       Haupteinnahmequelle, Online-Werbung, sprudelt bei Facebook zwar, doch es
       gibt auch Kritik, dass die dort verwendete personalisierte Reklame weniger
       gut funktioniert als etwa Suchmaschinenanzeigen. Schließlich suchen Nutzer
       nicht gezielt nach etwas, wie das bei Google der Fall ist - Werbung ist
       hier ein Teil einer Antwort auf die Suchanfrage. Bei Facebook erscheint
       Reklame dagegen neben den für die Nutzer interessanten Inhalten - wie den
       Profilen oder Kommunikationsangeboten. Da schaut man schon mal gerne weg.
       
       14 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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