# taz.de -- Kolumne Staralbum: Eine extreme Frau
       
       > Sandra Hüller - die Entdeckung der Berlinale 2006 - ist "prädestiniert
       > für Borderline-Charaktere", meint einer ihrer Kollegen bei der
       > Pressekonferenz zum Film "Über uns das All".
       
 (IMG) Bild: Eine mutige Frau: Sandra Hüllers erster öffentlicher Auftritt nach der Geburt ihres Kindes.
       
       Der Kontrast könnte größer kaum sein. Auf der Berlinale 2006 wurde Sandra
       Hüller mit dem Silbernen Bären für die beste Hauptdarstellerin
       ausgezeichnet, war die Entdeckung des Festivals, und jetzt, fünf Jahre
       später, sitzt sie an diesem Montagmittag hier im ungewohnt
       überdimensionierten Pressekonferenzraum, in dem sich keine 20 Journalisten
       verlieren und sogar die jungen Frauen mit den Mikros die seltene
       Gelegenheit nutzen, während der Arbeit auch mal zu sitzen.
       
       Es ist die Pressekonferenz zu Jan Schomburgs Langfilmdebüt "Über uns das
       All" (Panorama Special) und einer der ersten öffentlichen Auftritte der
       32-Jährigen nach der Geburt ihres Babys. Es spielt sogar mit: In der
       letzten Szene von "Über uns das All" ließ sich ihr Schwangerschaftsbauch
       nicht mehr kaschieren. Sandra Hüller ist wieder da - auf der Berlinale mit
       gleich zwei Filmen. In dem anderen, "The Brownian Movement" von Nanouk
       Leopold, spielt Hüller eine Ärztin, Ehefrau und Mutter, die in einer eigens
       dafür angemieteten Wohnung Sex mit Männern hat, die nicht unbedingt dem
       gängigen Schönheitsideal entsprechen.
       
       Wie schon die Michaela Klingler in Hans-Christian Schmids auf der Berlinale
       gefeiertem Exorzismusdrama "Requiem" ist auch Martha Sabel aus "Über uns
       all das All" eine extreme Frau: Nach dem Suizid ihres Ehemanns Paul und der
       Erkenntnis, dass dessen Leben eine Lüge war, "will sie ihr Leben zurück",
       so Hüller. Als sie in der Zufallsbekanntschaft Alexander ein Stück von Paul
       entdeckt, verliebt sie sich ihn und macht da weiter, wo sie mit Paul
       aufgehört hat. "Aber kennt sie den, den sie liebt?", fragt der Pressetext.
       "Oder liebt sie den, den sie kennt?"
       
       "Prädestiniert für solche Borderline-Charaktere" nennt einer der Kollegen
       Hüller bei der Pressekonferenz - auch wenn es zunächst womöglich nicht so
       klingt, ist es doch ganz eindeutig als Kompliment gemeint. Denn Hüller hat
       bei ihrer Rollenauswahl und der späteren Ausgestaltung den Mut,
       Frauenfiguren zuzulassen, die nicht so leicht einzuordnen und abzustempeln
       sind. "Ich weiß gar nicht, ob es so was wie eine runde Person gibt", sagt
       sie. "Ich bin ja auch immer anders." Pathologisch sei Marthas Verhalten
       mitnichten, sondern "eine kraftvolle, bewusste Handlung". Und als einsame,
       verlassene Frau will sie ihre Figur schon gar nicht sehen. Sie ist kein
       Opfer, eher Täter - eine Frau der Tat. Martha nimmt sich, was sie will. Und
       ist darin ihrer Darstellerin wohl nicht gerade unähnlich.
       
       14 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Denk
       
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