# taz.de -- Label Buback Konzertabend: Diabolisch durch die Routine
       
       > Im Berliner Hebbel am Ufer präsentierte das unabhängige Label Buback
       > seine Künstler. Der Showcase suggeriert Bedeutung jenseits ökonomischer
       > Zwänge.
       
 (IMG) Bild: Die Goldenen Zitronen wirkten befreit, aber auch konzentriert, ihre Musik kündet von etwas Neuem.
       
       Showcase nennt sich ein Konzertabend, an dem ein Plattenlabel seine besten
       Pferde im Stall präsentiert und die Bands jeweils einige Songs aus ihrem
       Oeuvre spielen. In Zeiten klammer Kassen verspricht eine solch konzertante
       Aktion Aufmerksamkeit und Profit. "Buback - Mehr als eine Holding", der
       Showcase der unabhängigen Hamburger Plattenfirma Buback, suggeriert
       Bedeutung jenseits ökonomischer Zwänge.
       
       Zum Abschluss ihrer Deutschlandtour gastierten am Sonntagabend die vier
       Buback-Künstler F.S.K., Kristof Schreuf, 1000 Robota und die Goldenen
       Zitronen vor ausverkauftem Haus im Berliner Theater Hebbel am Ufer. Viel
       Musikerprominenz tummelt sich da, befreundete Künstler und Berlin-Touristen
       unter einem Dach.
       
       Nicht mit Musik beginnt der Reigen, sondern mit einer Diskussionsrunde. Das
       erinnert an die Debattenkultur nach der Wiedervereinigung, die deutsche
       Popmusik mit diskursiven Texten der Bauart "Hamburger Schule" mit
       basispolitischer Wühlarbeit ("Wohlfahrtsausschüsse") zusammenbrachte. Was
       1989 vor allem eine linke Antwort auf das Aufflackern des
       Rechtsradikalismus war, wirkt am Sonntag als Geste rührig, aber auch ein
       wenig hilflos, als müsste den politisch aufgeklärten Nachgeborenen erst mal
       begrifflich gemacht werden, was es heißt, deutsch zu singen und dabei nicht
       ins Befindlichkeitsfixierte abzugleiten. Mit Erleichterung nimmt man daher
       das Bekenntnis der Buback-Musikerin Ebba Durstewitz (Ja König Ja) auf, dass
       es ihr im Diskurs über deutsch singende Bands eher zu viel um Referenzen
       gehe und zu wenig um die Beschreibung der Musik. Der Gitarrist und Sänger
       Kristof Schreuf vertritt die Ansicht, dass Pop heute gesellschaftlich
       durchgesetzt sei, weswegen sich der Musiker in seiner Rolle als Mahner
       erübrigt habe.
       
       Als wandelnder Widerspruch unterbricht Schreuf im Anschluss auf der Bühne,
       nun wie eine Glamrockmadonna mit rot geschminkten Lippen - mit Ansage -,
       die Songs aus seinem Debütalbum "Bourgeois with Guitar". Schreufs
       lustvolles Zerreden seiner Performance wird selbst zur Performance, die
       mitunter amüsant gerät. Songs wie "Laufe Blau" (eine Version von Schreufs
       alter Band Brüllen) und eine stark vom Original abweichende Interpretation
       des S.Y.P.H.-Evergreens "Ich mag sie" gehen leider unter in Betrachtungen
       zur Kommunikationsunfähigkeit des Mannes.
       
       Etwas, das man den jungen Hamburgern 1000 Robota nicht vorwerfen kann. Das
       Trio um den Gitarristen und Sänger Anton Spielmann setzt durch den
       zielgerichteten Einsatz von Lautstärke einen Kontrapunkt zum Vorgänger.
       Ihre Methode, frisch gebackene Postpunk-Sandburgen im nächsten Moment
       einzustampfen, gelingt, weil die drei Musiker dem Konzept des Powertrios
       mit hanseatischem Understatement begegnen. Trotzdem wirken die
       Existenzialismus-Texte von Spielmann noch eine Nummer zu groß. Mit "Flagge
       verbrennen (Regierung ertränken)" beginnt der programmatische Teil des
       Abends, ein Song, mit dem die Münchner Diskurs-Popper F.S.K. sofort das
       Publikum auf ihre Seite ziehen. Man hat ihrer Verbindung aus Tanzen und
       Denken oft Behäbigkeit vorgeworfen, an diesem Abend zeigen F.S.K., dass
       selbst Ausflüge in die Welt der Kybernetik im 4-to-the-Floor-Groove
       House-Euphorie entfachen können.
       
       Ebenso tight, aber diabolischer als F.S.K. gehen die Goldenen Zitronen
       gegen Mitternacht zum Finale zu Werke. Der Sun-Ra-Kaftan tragende Sänger
       Schorsch Kamerun bildet das Kraftzentrum eines Krautrock-Arkestras, das
       statt Songs inzwischen ausufernde Jams spielt, ohne dabei an Punkenergie
       einzubüßen. Die Goldies wirken befreit, aber auch konzentriert, ihre Musik
       kündet von etwas Neuem. Bei so viel Showcase-Routine wirkt das durchaus
       erfrischend.
       
       21 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julian Weber
       
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