# taz.de -- Streit um Tierquälerei bei Hühnerzüchter: Lohmann fütterte den Landkreis
       
       > Der Kreis Cuxhaven will sich im Streit um Tierquälerei beim Hühnerzüchter
       > Lohmann auf einen Bericht gestützt haben, den er erst Jahre später
       > erhielt - von Lohmann.
       
 (IMG) Bild: Tierisch wohnlich: die Hühnerfabrik Lohmann.
       
       BREMEN taz | Wegen seines Verhaltens im Lohmann-Skandal haben
       Niedersachsens Links- und Grünenfraktion Agrarminister Gert Lindemann (CDU)
       scharf attackiert. "Starke Zweifel" an dessen Glaubwürdigkeit meldete
       Christian Meyer (Grüne) an. Und Marianne König (Die Linke) monierte, der
       Minister versteige sich "immer wieder in Ausflüchte", statt "konsequent
       eine artgerechte Tierhaltung einzuführen".
       
       Bei Lohmann Tierzucht in Cuxhaven - Weltmarktführer bei der Produktion von
       Legehennen - wurden bis 2011 Hähnchenküken Zehen und Kämme teilamputiert.
       Zweck: Dass die Tiere männlich waren sollte kenntlich werden. Die
       Staatsanwaltschaft sieht darin einen millionenfachen Verstoß gegen das
       Tierschutzgesetz.
       
       Sie folgt damit der Einschätzung des Landesamtes für Verbraucherschutz
       (Laves), nach der jeder dieser routinemäßigen Eingriffe eine "verbotene
       Amputation darstellt". Das Ministerium weiß seit September 2008 Bescheid.
       Warum intervenierte es nicht früher?
       
       In der Landtagsdebatte vom 17. Februar 2011 hatte Lindemann das zögerliche
       Vorgehen seiner VorgängerInnen Hans-Heinrich Ehlen und Astrid Grotelüschen
       gegen das Cuxhavener Unternehmen zu rechtfertigen versucht.
       
       Es habe nämlich einen "langen Disput zwischen der Auffassung des
       Landkreises und unserer Auffassung" gegeben. Dabei habe sich der Cuxhavener
       Kreisveterinär auf "gutachterliche Stellungnahmen" gestützt, verfasst "von
       der renommierten niederländischen Universität in Wageningen".
       
       Mittlerweile ist klar: Das kann so nicht stimmen. Zweifel an der Existenz
       des Gutachtens hatte die Tierrechtsorganisation Peta angemeldet. Der
       zuständige Kreis-Dezernent hatte erst empört widersprochen, aber
       merkwürdige Angaben über das Dossier gemacht. Und dann bestritt auch noch
       die Wageningen Universiteit ihre gutachterliche Tätigkeit (taz berichtete).
       
       Folge: Jetzt ist die Sache im Kreis Cuxhaven zur Chefsache avanciert. Und
       Landrat Kai-Uwe Bielefeld (parteilos) räumt ein, man habe erst "Anfang
       2010" eine Kopie des "Berichts" der Wageninger erhalten. Dass dieser
       "Rapport" im Original als "vertrouwelijk" (vertraulich) gekennzeichnet ist,
       verschweigt er.
       
       Und auch dass seine Empfänger die Productschaap, also der Verband der
       niederländischen Geflügelindustrie und das dortige Agrarministerium waren:
       Die bezahlen nämlich die Langzeitstudie, die noch läuft.
       
       Aber Bielefeld gibt zu, woher die Verwaltung ihn hat. "Zukommen lassen"
       habe ihn "die Firma Lohmann". Die hat ihn nicht selbst ausgebrütet. Lohmann
       ist ja kein Productschaap-Mitglied - aber eng verpartnert mit der Verbeek
       Broederij im niederländischen Lunteren.
       
       Wie der Landkreis sich ab 2008, gestützt auf einen Bericht, den er erst
       zwei Jahre später erhält, in fachlichen Disput mit dem Agrarministerium
       begeben konnte, ist rätselhaft. Für Christian Meyer steht fest, dass "der
       gar nicht vorgebracht wurde". Dann aber gebe "es auch keine Entschuldigung
       dafür, dass die Landesregierung die Tierqual nicht unterbunden hat".
       
       24 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA