# taz.de -- Konflikt diese Woche in der BVV: Kastanienallee vor der Entscheidung
       
       > BVV Pankow berät über Anwohnerbefragung. Bürgerinitiativen fordern
       > Baustopp. Grüne schwanken zwischen Bürgerbeteiligung und der
       > Unterstützung ihres Stadtrats.
       
 (IMG) Bild: Anwohner und Gewerbetreibende gegen Bezirk - und mittendrin die Grünen.
       
       Monatelang haben sie sich immer wieder die Köpfe heiß geredet. Anwohner der
       Kastanienallee in Prenzlauer Berg stritten mit dem Bezirksstadtrat für
       öffentliche Ordnung, Jens-Holger Kirchner (Grüne), um den geplanten Umbau
       der Flaniermeile. Diese Woche soll nun die Bezirksverordnetenversammlung
       Pankow entscheiden, wie es weitergeht. [1][Am Mittwochabend stehen gleich
       zwei Anträge von Bürgerinitiativen zur Abstimmung]. Beide fordern eine
       offizielle Anwohnerbefragung und sehen andere Umbaupläne vor.
       
       Erste Pläne für die Renovierung der von Touristen und Einheimischen viel
       frequentieren Allee gibt es bereits seit drei Jahren. Der grüne Stadtrat
       will mit der überfälligen Sanierung in der grünen Wählerhochburg ein
       Vorzeigeprojekt grüner Verkehrspolitik verbinden. Der Gehweg soll saniert
       werden, Radfahrer sollen neben den Tramgleisen einen Fahrstreifen bekommen.
       Das soll für mehr Sicherheit für Radler und mehr Tempo für die Tram sorgen.
       Allerdings müssten die Parkplätze dafür um 40 Prozent gekürzt und zwischen
       die Straßenbäume verlegt werden. Die breiten Bürgersteige würden deutlich
       schmaler.
       
       Das passt Anwohnern und Gewerbetreibenden gar nicht. Sie fürchten neben den
       finanziellen Einbußen durch den zweijährigen Umbau vor allem um den
       Charakter der Straße. "Die Kastanienallee ist eine Flaniermeile. Sie ist zu
       kostbar und in Berlin einzigartig", sagt etwa Till Harder, Sprecher des
       [2][Bündnisses "Stoppt K21"], das nun einen der beiden Bürgeranträge
       einbringt. Das Bündnis fordert den Stopp der bisherigen Umbaupläne und eine
       umfassende Anwohnerbefragung. Sollte der Antrag am Mittwoch vor der BVV
       keine Zustimmung erfahren, so plant das Bündnis alternativ ein
       Bürgerbegehren. "Wir werden für unsere Straße kämpfen", so die deutliche
       Ansage.
       
       Der zweite Antrag zeigt sich kompromissbereiter. Er geht auf eine
       Initiative von Severin Höhmann (SPD) zurück, der bei der
       Abgeordnetenhauswahl im September den Wahlkreis Prenzlauer Berg Süd
       gewinnen will. Laut diesem Vorschlag, vorgelegt von der Bürgerinitiative
       "[3][NUr zu! Pankow!]", soll der Fahrradstreifen schmaler werden, so dass
       mehr Platz für Passanten und Straßencafés bleibt. Auch dieser Antrag will
       eine Bürgerbefragung.
       
       Kirchner will am liebsten einfach weiterbauen. Er kann die erneute Debatte
       nicht nachvollziehen. Eineinhalb Jahre zu spät kämen die jetzigen
       Vorschläge. [4][Der Entscheidungsfindungsprozess sei abgeschlossen]. Er
       werde sich als Grüner jetzt nicht gegen Bürgerbeteiligung äußern, sagt
       Kirchner: "Aber so langsam reicht es".
       
       Er habe sich in den letzten drei Jahren um Kompromisse bemüht, auf Tempo 30
       und Bedarfsampeln habe man sich nach Anwohneranhörungen verständigt. Wenn
       die Temperaturen stiegen, kündigt der Stadtrat an, würden die Bauarbeiten,
       die witterungsbedingt seit November auf Eis liegen, fortgeführt.
       
       Wegen solcher Äußerungen setzt die Bürgerinitiative "Stopp K21" den grünen
       Stadtrat längst auf eine Stufe mit der CDU-geführten Landesregierung in
       Baden-Württemberg, die trotz aller Proteste von BürgerInnen den Stuttgarter
       Bahnhof umbauen lässt. Kirchner sei der "Mappus von Pankow", heißt es.
       
       Zwar gab es tatsächlich schon vor rund zwei Jahren einen mehrstündige
       Bürgeranhörung zum Umbau der Allee. Doch als Kirchner im November 2010 die
       endgültigen Pläne vorstellte, fühlte sich die Anwohnerinitiativen düpiert.
       Keiner ihrer Kritikpunkte war berücksichtigt worden. Seither mobilisieren
       die verschiedenen Bürgerinitiativen im Internet und auf der Straße ihren
       Protest.
       
       Nicht nur Kirchner, auch die Fraktionen im Bezirksparlament tun sich schwer
       im Umgang mit den aufmüpfigen Bürgern. Die Grünen bringen zwar die beiden
       Anträge der Initiativen zur Abstimmung ein. "Aber nur aus
       demokratietheoretischen Gründen", sagt die Fraktionsvorsitzende Stefanie
       Remlinger. Denn Bürger haben kein direktes Antragsrecht in der BVV.
       
       Das heiße noch lange nicht, dass die Initiativen von ihrer Partei auch
       unterstützt würden, betont Remlinger. Über den genauen Umgang wird bei
       einer Fraktionssitzung am Montag beraten. "Hier rauchen die Köpfe", gibt
       Cornelius Bechtler, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion zu.
       Wahrscheinlich werde man beiden Anträgen nicht zustimmen, sondern
       gegebenenfalls einen eigenen Änderungsantrag einreichen.
       
       Auch Linke und SPD, die die beiden größten Fraktionen in der
       Bezirksverordnetenversammlung Pankow stellen, haben sich noch nicht
       abschließend entschieden. Die SPD will auf einen eignen Antrag verzichten.
       Ihre Fraktionsvorsitzende Sabine Röhrbein geht davon aus, dass beide
       Anträge am Mittwoch keine Zustimmung finden, sondern in die Ausschüsse der
       BVV verwiesen werden. Zur weiteren Beratung. Ob die Bauarbeiten solange
       ruhen werden, ist unklar.
       
       27 Feb 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.berlin.de/ba-pankow/bvv-online/to010.asp?SILFDNR=2971&options=4
 (DIR) [2] http://www.stoppt-k21.de/
 (DIR) [3] http://www.nurzu-berlin.de/html/kastanienallee.html
 (DIR) [4] http://www.berlin.de/ba-pankow/verwaltung/tiefbau/kastanienallee_pb.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sarah Kohlhauer
 (DIR) Gereon Asmuth
       
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