# taz.de -- Sounddesign für Auto-Geräusche: Leben ohne Wrrrum
       
       > Die UNO hat jetzt Geräuschvorgaben für Elektroautos erlassen. Doch wie
       > wird das künstliche Auto-Geräusch klingen? Daran tüfteln Sounddesigner –
       > schon heute.
       
 (IMG) Bild: Grüne Idylle. Nach Vogelgezwitscher soll Autolärm in Zukunft aber nicht klingen – wäre zu friedlich.
       
       BERLIN taz | Wenn der Rothirsch zur Brunftzeit potent im Wald röhrt, klingt
       das nach echtem Naturerlebnis. Nach ungestümer Kraft und Eleganz. Und es
       hat, das fällt nicht gleich ins Ohr, auch etwas mit der E-Klasse von
       Daimler zu tun, oder einem 3er BMW, einem Audi A6.
       
       Dazu ein Sprung nach Sindelfingen, dem größten Standort der Daimler AG:
       Produktionshallen und Gebäudekomplexe mit vielen Ingenieuren, die immer
       noch das Auto erfinden. Christoph Meier ist für das Röhren des Hirsches
       zuständig. Er leitet die Abteilung Konzepte und Akustik und sorgt dafür,
       dass eine E-Klasse nach Komfort und Kraft klingt. "Das Klangbild muss zur
       Marke passen", sagt er.
       
       Wenn also eine Tür ins Schloss fällt, schwingen beim Smart hohe Obertöne
       mit. Die S-Klasse dagegen tönt satter und souveräner. Beim Blinker ist das
       ähnlich. Sein Klacken kommt heute übrigens aus einem kleinen Lautsprecher
       unterm Lenkrad. Wenn ein Motor anspringt und der Wagen beschleunigt,
       zerlegen die Ingenieure das Geräusch am Computer in seine Frequenzen und
       vergleichen die Kurven mit den Sounds der Konkurrenz.
       
       Sämtliche Autobauer treiben gewaltigen Aufwand für den richtigen Sound
       ihrer Fahrzeuge. Das richtige Wrrrrum ist keine Nebensache, sondern genauso
       wichtig wie Leistung, Design und Benzinverbrauch. Bereits in der
       Konzeptphase wird festgelegt, wie das Auto am Ende klingen soll. Die Frage
       nach dem Hirsch-Faktor.
       
       ## 
       
       Auf der Klaviatur der Säugetiergeräusche spielten die Autosounddesingner,
       sagt Friedrich Blutner. Viele halten ihn für eine absolute Koryphäe auf dem
       Gebiet. In seiner Firma Synotec führt man das Röhren von Autos auf uralte,
       archetypische Hörempfindungen zurück. Tief und sonor steht für Macht und
       Kraft. Höhere Töne - zu hören etwa bei kreischenden Babys - stehen dagegen
       für Erregung. "Aber das sind absolute Grundlagen. Es gibt tausend
       Möglichkeiten, Muster zu finden, Tiefen und Höhen, kalte und warme Klänge
       zu gestalten", sagt Blutner.
       
       Derzeit arbeiten alle Autobauer an der Zukunft: dem Klang der Elektroautos.
       Die sollen in den nächsten 30 Jahren allmählich die Straßen besiedeln –
       ohne Vergaser, Kolben, Auspuff, allem also, was von alleine lärmt. Ohne
       Lärm aber sind sie ein Sicherheitsproblem. Das wird heute schon deutlich
       bei den Hybridautos. In Deutschland gab es von den mit Elektro- und
       Verbrennungsmotor ausgestatteten Fahrzeugen Anfang 2009 gerade mal 23.000,
       in Japan sind im vergangenen Jahr allein 350.000 neu zugelassen worden.
       
       Sie sind im Elektrobetrieb zwischen Autos mit Verbrennungsmotor kaum zu
       hören. Die japanische Regierung hat deshalb bereits im Jahr 2010 eine
       Richtlinie erlassen, dass die Fahrzeuge ein Geräusch absondern sollen, bis
       sie eine Geschwindigkeit von 20 km/h erreicht haben. Danach sind sie durch
       Reifen und Fahrtwind auch so zu hören. Die Regierung schlägt vor: Sirenen,
       Alarmtöne, Melodien, das Heulen von Wind, Rufe von Tieren.
       
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       Zirpende Elektroautos? "Synthetische Geräusche, die nicht mehr zum
       restlichen Auto passen, sind für uns eigentlich nicht akzeptabel", sagt
       Daimler-Ingenieur Meier. Er will die Elektroautos so gestalten, dass sie
       ausreichend laut – ja was? Surren? "Wie eine Straßenbahn, ein Staubsauger
       oder irgendein Science-Fiction-Fluggerät werden sie sicher nicht klingen",
       sagt er.
       
       Sounddesigner Blutner komponiert aus Instrumentenklängen etwas, dass sich
       nach sauberer, ökologischer Zukunft anhören soll. Seine virtuellen Autos
       lässt er durch Computerstädte fahren und fragt Probanden, was sie dabei
       empfinden. Röhrende Autos erinnerten die Menschen schon heute an die Sünden
       der Vergangenheit, sagt er. Er dagegen will eine neue Klangwelt schaffen.
       Mit radikalen Auswirkungen auf das Lebensgefühl: "An den Verkehrslärm heute
       haben sich die meisten Menschen gewöhnt. Das ist wie vor 200 Jahren, als es
       in den Städten wie die Pest gestunken hat, das war eben so. Dann kam die
       Hygiene. Und jetzt kommt das Elektroauto."
       
       6 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Autoindustrie
       
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