# taz.de -- Geouteter schwedischer Fußballer: Jagd auf die schwule Torte
       
       > So gerne fingen die Medien einen schwulen Mann im Profifußball, dass nun
       > sogar ein schwedischer Kicker aus der vierten Liga als Trophäe der
       > Homohatz herhalten muss.
       
 (IMG) Bild: Die Medien sind seit Jahren auf der Suche nach einem echten Star, der sich als schwul bekennt.
       
       So rast die Information durch das Internet, einige Papierzeitungen haben
       das Thema fast begierig aufgegriffen. Der Kern dieser Schlagzeilen läuft
       auf folgende Nachricht hinaus: Anton Hysén, 20 Jahre, fußballspielend beim
       Göteborger Verein Utsiktens BK, hat dem Magazin Offside erzählt, dass er
       schwul ist. Wörtlich wird der Spross des ungleich berühmteren schwedischen
       Spielers Glenn Hysén mit der Aussage zitiert: "Wenn ich meine Leistung
       bringe, spielt das aber doch überhaupt keine Rolle, ob ich auf Frauen oder
       Männer stehe."
       
       Und man fasst es nicht. Denn hochgejazzt wird die Meldung mit dem Befund,
       noch niemand außer Hysén Junior habe sich als aktiver Profispieler selbst
       als nichtheterosexuell geoutet. Weder in Skandinavien noch im
       Kontinentaleuropa noch in der Welt überhaupt. Einfach niemand will als
       schwul erkannt werden. Ist Anton Hysén nun ein Held? Eignet er sich zu
       einem solchen eigentlich? Als Viertligist, der vieler Verletzungen wegen
       sportlich seinen Zenit wahrscheinlich schon hinter sich hat?
       
       Wahr ist: Alle Medien, die schwedischen, europäischen und globalen, gieren
       seit sehr vielen Jahren nach einem echten Star, der sich als schwul
       bekennt. Sie hätten gern einen Ballack, einen Lahm, einen Neuer, Iniesta,
       einen niedlich anmutenden Schrank wie Gerard Pique, Cristiano Ronaldo oder
       wenigstens ein Sternchen wie Holger Badstuber, der das echte Heroentum des
       ersten schwulen Mannes im höchstklassigen Berufsfußball auf sich nimmt.
       
       Bei keiner Frage wird derart intensiv darum gerungen, endlich den einen,
       wenigstens einen einzigen Spieler zu finden, der das Kreuz der dann
       öffentlichen Kontroverse zu tragen bereit ist. Das möchte der Mediendiskurs
       so gern. Und niemand will diesen Job übernehmen - eventuell gewarnt durch
       den bis vor kurzem amtierenden Präsidenten des FC. St. Pauli, Corny
       Littmann, selbst schwul, der zur Frage homosexueller Spieler meinte, keinem
       würde er raten, diese Mixtur aus öffentlicher Sensationslust und
       Spießrutenlauf auf sich zu nehmen.
       
       Er hat ja recht. Wenn der Manager von Michael Ballack sich gehässig und
       homophob über die DFB-Mannen in Südafrika äußert; wenn ein Trainer wie
       Christoph Daum Abfälliges über Homosexuelle vom Stapel lässt: Dann wird
       offenbar, dass Fußball, der männliche, eine Bastion des selbstverständlich
       bekennend Heterosexuellen ist. Aber die Medien suchen weiter und nehmen mit
       einem Krümel namens Anton Hysén vorlieb, auch wenn sie lieber eine fette
       Torte zum Schmaus hätten. In Wahrheit, so könnte es nämlich auch sein, gibt
       es gar keine schwulen Männer im Spitzenfußball - zermürbt schon vor jeder
       Spitzenkarriere und also nicht in die höchsten Ligen rekrutiert. Die lieber
       im Schiedsrichtergewerbe arbeiten, als Amateure ihrer Liebe zum Fußball
       Ausdruck geben und in der Provinz eher in Ruhe gelassen werden, oder im
       Sportjournalismus rührig werden - jedenfalls es als Horror empfänden, in
       Diensten eines Spitzenvereins geoutet zu werden.
       
       Die Idee, es sei doch in Zeiten allgemeiner Freisinnigkeit im Hinblick auf
       Lebensentwürfe ganz gewöhnlich, auch im Fußball schwul zu sein, verkennt
       die gewisse körperliche Kameraderie, die im Fußball noch zelebriert wird.
       Diese Schwitzende, Schweißnasse, Leidenschaftliche, Tragödische - das ist
       auch noch der Fußball der Moderne. Und das muss, um nicht allzu intim zu
       wirken, öffentlich durch Spielerfrauen und Bekundungen zur sexuellen
       Andersgeschlechtlichkeit abgepuffert werden. Ein Gockel wie Lothar Matthäus
       wirkt zwar in seiner dauerhaften Bindungsunfähigkeit - auf der Suche nach
       der ewigen Lolita! - wie eine Karikatur: Aber er ist immer noch
       stilbildender als alle modisch zwiespältigen David Beckhams zusammen.
       
       Theorien, nach denen einer wie der Brite ein metrosexuelles Rollenidol sein
       könnte - nicht hetero, nicht homo - halten sich im akademischen Diskurs da
       und dort tapfer und hoffnungspendend. In der Wirklichkeit "aufm Platz"
       spiegeln sie sich nicht.
       
       11 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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